Sport: Spieltisch statt Schanzentisch

Alle, die nicht dabei sind, wollen mitmachen. Nichtolympische Sportler tun alles, um zu den Spielen zu kommen. Tänzer, Bowler, Schachspieler, Rettungsschwimmer. Und weil das Programm der Sommerspiele voll ist, bitten immer mehr Sportexoten um Einlass bei den Winterspielen. Etwa die Bridge-Spieler. Sie halten im Hilton von Salt Lake City so etwas wie einen Demonstrationswettbewerb ab. Immerhin erkennt das IOC Bridge seit 1995 als Sport an. Dass der Altersschnitt des Bridge-Verbandes der USA bei 66 Jahren liegt und damit kaum zum Treffen der Sportjugend passt, irritiert die Brettspieler kaum. Schon eher die Regel, wonach olympischer Wintersport auf Schnee oder Eis stattfinden muss. Für Jose Damiani, Chef des Bridge-Weltverbandes, kein Hindernis: "Es wäre nicht das Ende der Welt, wenn eine Regel geändert werden müsste." Er und andere Bridge-Fans hoffen auf den Einfluss von Marc Hodler. Der 83-jährige Schweizer ist IOC-Mitglied und Präsident des nationalen Bridge-Verbandes. Der greise Mann, der einst den Bestechungsskandal um die Vergabe der Spiele nach Salt Lake City öffentlich machte, plant das Neue: "Man könnte eine Klausel aufnehmen für jene Sportarten, die keine neuen Sportstätten brauchen. Diese sollten nicht auf Schnee oder Eis stattfinden." Besonders die amerikanischen Freunde des Denksports stellen sich in Salt Lake City clever an. Ihr Team wurde nicht nach Leistungsstärke nominiert, sondern nach dem Kriterium, ob die Protagonisten gute Bridge-Verkäufer sind. Ein Autor eines Bridge-Buches spielt mit, ein Hedge-Fund-Manager, ein Broker. Ach ja. Dann ist da noch der Ehrenkapitän des Teams. Der heißt Warren Buffet, gilt als Amerikas Geldanlage-Guru und soll bis zu zwölf Stunden wöchentlich Bridge im Internet spielen. Er kommt nicht nach Salt Lake City. Doch immerhin wird er mit Worten zitiert, die alle Zweifel an der Tauglichkeit des Brettspiels für die Winterspiele ausräumen: "Ich habe schon viele Bridge-Spiele in eisiger Atmosphäre erlebt."

ahl