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Hauruck und gib ihm. Beim Hindernislauf geht es ums Durchkommen, nicht um die Zeit. Die Teilnehmer helfen sich gegenseitig über die Hindernisse.

© SCC Events/Camera 4

Sport im Winter: Läufer lieben Schlamm und Hindernisse

Crosslauf gehört schon lange zum Winterprogramm der Leichtathleten. Seit einigen Jahren setzen die Veranstalter nun vermehrt auf Parcoursläufe.

1964 fing es an, mit einem Lauf am Eichkamp im Grunewald. Berliner Leichtathleten nahmen damals am ersten Crosslauf des SC Charlottenburg (SCC) teil, quälten sich in kurzen Hosen durch den Matsch, mit etwas Glück hatten sie ein paar Schuhe mit Spikes für den winterlichen Waldlauf. Sie atmeten kalte Waldluft, tranken heißen Tee aus Gulaschkanonen und holten sich die Grundkondition für die Bahn- und Straßenwettkämpfe in der kommenden Saison, wie Weltklasse-Läufer aus Kenia und Äthiopien es bis heute tun.

Am Samstag und Sonntag sollte der traditionsreiche Crosslauf zum 54. Mal stattfinden. Denn längst geht es nicht mehr nur um Alternativtraining für Leichtathleten. Der SCC ist mittlerweile in die Döberitzer Heide umgezogen, die Veranstaltung läuft unter dem Titel „Cross Days“ und nur etwa 20 Prozent der Teilnehmer sind Crossläufer – die Mehrheit startet bei einer der drei Hindernisdistanzen (über fünf Kilometer, über zehn Kilometer oder über 19 Kilometer). Allerdings wurde die Veranstaltung wegen einer Unwetterwarnung abgesagt.

Der Veranstalter folgt damit einem Trend: In den vergangenen Jahren schossen sogenannte „Dirt Runs“ und andere Hindernisläufe allerorts aus dem Boden. „Strongman Run“, „Spartan Challenge“ und „Tough Mudder“ heißen die Wettkämpfe, bei denen es weniger ums Laufen als vielmehr um die Überwindung der Hindernisse und das Gemeinschaftsgefühl geht. „Das ist eine ganz andere Klientel“, sagt Gerhard Janetzky, Präsident des Berliner Leichtathletikverbands. „Ein Straßenläufer setzt sich eine Zeit und will so schnell wie möglich ins Ziel kommen, bei Hindernisläufen mögen die Teilnehmer das Gruppenerlebnis und wollen den inneren Schweinehund überwinden.“

Robert Fekl vom SCC charakterisiert die Zielgruppe der Hindernisläufe, die seit sechs Jahren parallel zum Crosslauf stattfinden, so: „Hindernisläufer müssen nicht zwingend Läufer sein, sie kommen häufig vom Crossfit oder gehen ins Fitnessstudio und suchen die Abwechslung in diesen Läufen.“ Dass man bei einigen Hindernissen lange anstehen muss und sich gegenseitig hilft, mache diesem Läufertypus nichts aus, sagt Fekl. Das Erlebnis, gemeinsam über eine 20 Meter lange Wasserrutsche zu rodeln, in Wasserlöcher abzutauchen und Äste durch die Heide zu hieven, locke ganze Familien an.

Deshalb wollte der Laufveranstalter auch dieses Jahr wieder einen Parcours mit dreißig Hindernissen aufbauen und mehr als 2000 Hindernisläufer auf die Strecke schicken. Auf der Crossstrecke über 4,5 und neun Kilometer sind es nur 500 Meldungen. „Wir sehen hier einen klaren Trend“, sagt Fekl. „Das Interesse bei der Crossstrecke lässt ein Stück weit nach, teilweise wechseln Crossläufer auch zum Hindernislauf oder laufen an beiden Tagen.“

Die meisten Läufer wären ohne Hindernislauf wohl aber nicht zur Schlammschlacht angetreten. Janetzky findet diese Entwicklung nur natürlich. „Beim Lauf ist es so wie in anderen Teilen der Gesellschaft auch“, sagt er. „Alles wird immer mehr segmentiert und differenziert.“ Der Verbandspräsident will diesen Trend zur Vielfalt und zur Eventisierung des Laufsports sogar noch weiterdenken und führt Indoor-Hindernisläufe, bei denen Läufer den Hallenaufbau von Motocross-Veranstaltungen zum Laufen nachnutzen, als mögliches Format für die Zukunft an. Gerade für Stadtbewohner ist das „Urban Trail“-Konzept, eine Art Hindernislauf in der Stadt, ebenfalls attraktiv geworden, so der Verbandschef. Er findet, dass sowohl der klassische Crosslauf als auch die neueren Variationen ihre Berechtigung haben. „Für mich ist alles, was mit dem Laufen in der Natur zu tun hat, begrüßenswert.“

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