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Schönes Spektakel. Mitglieder des Bundestags-Sportausschusses wollen in London auch prüfen, ob das staatliche Fördergeld im Sport sinnvoll eingesetzt wird. Der DOSB unterstellt jedoch einigen Abgeordneten, dass sie nicht mal wüssten, wohin sie schauen sollen. Foto: dpa

© dpa

Sportausschuss des Bundestags: Abgeordnete bei Olympia: Kontrolleure oder Touristen?

Acht Bundestagsabgeordnete reisen zu den Olympischen Spielen nach London. Auch um die staatliche Sportförderung zu kontrollieren. Doch Kritiker aus dem Sport werfen ihnen vor, nur Olympia-Konsumenten zu sein.

Die deutsche Olympiamannschaft wird in London so klein sein wie seit der Wiedervereinigung nicht, doch eine Gruppe ist noch gewachsen. Gleich acht Mitglieder des Bundestags-Sportausschusses, eines mehr als 2008 in Peking, wollen zu den Sommerspielen reisen. Ein führender Mitarbeiter des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) schimpft: „Da sind Abgeordnete dabei, die noch nicht einmal am Sport interessiert sind. Und sie nehmen anderen eine Akkreditierung weg.“

Weil sich von den Mannschaften nur die Volleyballer und die beiden Hockeyteams für Olympia qualifizieren konnten, stehen dem DOSB diesmal weniger Gäste-Akkreditierungen zu als zuvor. Der Dachverband fragte daher im Frühjahr bei einigen Abgeordneten nach, ob sie auf ihre Reise bestehen. „Unsere Anfrage wurde relativ entspannt abgelehnt.“ Die Arbeit des Bundestags-Sportausschusses war zuletzt ohnehin in die Kritik geraten. Nachdem Medien darüber berichtet hatten, wie Abgeordnete die einmal im Monat stattfindende Sitzung mit Spielen auf ihrem Tablet-Computer hinter sich brachten, wurde die Öffentlichkeit von den Sitzungen ausgeschlossen. Die Qualität der Ausschussarbeit hat das offenbar nicht gesteigert. „Bei manchen Wortbeiträgen weiß ich gar nicht, unter welchem Tisch ich mich verkriechen soll, so sehr schäme ich mich dafür“, sagt ein Mitglied des Ausschusses. Der Sport werde viel zu leicht genommen, entsprechend schlecht seien einige Abgeordnete auf die Sitzungen vorbereitet.

Und nun also eine große Gruppenreise nach London. Warum sie zu Olympia reisen möchte, beantwortet Katja Dörner von Bündnis90/Die Grünen so: „Als Mitglied des Haushaltsausschusses und dort für den Sport-Etat zuständig, interessiere ich mich insbesondere dafür, ob die Mittel zur Förderung des Spitzensports effizient und sinnvoll eingesetzt werden.“ Auch zum Thema Doping wolle sie vor Ort Gespräche führen und prüfen, wie „grün“ die Spiele in London seien und was sich daraus für sportliche Großereignisse in Deutschland als Erkenntnis gewinnen lasse.

Die Ausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag von der SPD hält das für ein legitimes Anliegen: „Die Möglichkeiten, mit Kollegen anderer Parlamente und Repräsentanten des Sports ins Gespräch zu kommen, sind bei Olympischen Spielen so groß wie bei sonst keiner Veranstaltung“, sagt sie. „Und wenn man bedenkt, dass der Bund der größte Förderer des Spitzensports ist, ist es richtig, dass der Sportausschuss bei einer solchen Veranstaltung präsent ist.“

Dem entgegnet der führende Mitarbeiter des DOSB: „Die Bedenkenträger monieren, dass Olympia so riesig und so teuer geworden sei. Aber sie selbst fahren trotzdem hin und konsumieren Olympia.“ Für ein gewöhnliches Hotelzimmer werden bei Olympischen Spielen schon einmal mehrere hundert Euro aufgerufen. Mit Anreise und Spesen verschlingt eine einwöchige Reise eines Abgeordneten so mehrere Tausend Euro an Steuergeld.

Dagmar Freitag, die nicht nur wegen ihres Amtes zu den kompetenten Mitgliedern des Ausschusses zählt, gehört der Delegation nicht an. Sie reist stattdessen zu den Paralympics. Für ihre Fraktion fahren zwei Abgeordnete zu Olympia. Für die CDU/CSU sollen gleich drei Abgeordnete nach London, einer mehr als noch in Peking. Die Größe der Delegation richtet sich nach den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag. FDP, Grüne und Linke entsenden jeweils ein Fraktionsmitglied. Bei anderen Delegationsreisen ist es dagegen üblich, dass nicht alle Fraktionen vertreten sind. „Auf jeder Reise gibt es Abgeordnete, die eher aus touristischen Gründen dabei sind“, sagt ein Mitglied des Bundestags. Der Sportausschuss sei da keine Ausnahme, und der DOSB solle erst einmal seine eigenen Akkreditierungen hinterfragen, bevor er den Sportausschuss kritisiere.

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