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Sport: Sportwelt: Das Imperium tritt zurück

Die Musik passte zum Auftritt der Mannschaft. "Wärst Du doch in Düsseldorf geblieben.

Die Musik passte zum Auftritt der Mannschaft. "Wärst Du doch in Düsseldorf geblieben." Der Schlager hallte durch das Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion. "Schöner Playboy, du wirst nie ein Cowboy sein." Die Begrüßung galt Fortuna Düsseldorf, Absteiger aus der Regionalliga Nord. Der Traditionsverein, Europapokalfinalist von 1979, steht vor dem Ende - nicht nur sportlich, auch finanziell. Der Vermarkter Sportwelt hat eine vereinbarte Bürgschaft über zwei Millionen Mark und einen Zuschuss in gleicher Höhe platzen lassen. Im Etat einer neuen Regionalliga-Saison klafft ein Drei-Millionen-Loch. Auch andere Vereine sind vom Ausstieg von Sportwelt, einer Tochterfirma von Kinowelt-Betreiber Michael Kölmel, betroffen. Regionalliga und Oberliga stehen vor einem Lizenzchaos.

Warum soll man da noch zum Spielen antreten? 20 Minuten vor dem Anpfiff versammeln sich die Düsseldorfer Kicker noch einmal auf dem Spielfeld im Kreis. Sie sehen sich an, sprechen nicht miteinander. Hinter ihnen stehen 1000 mitgereiste Fans und halten Kreuze aus Pappe in die Höhe. "Eine Tradition stirbt, und die ganze Stadt sieht zu", klagen die Anhänger auf Spruchbändern. Und: "Tod und Hass der Kinowelt".

Michael Kölmel hat sich verspekuliert, zumindest zum Teil. Er hat in viele Regionalligisten investiert und Verluste gemacht. Jetzt zieht er sich zurück. Und der Fußball, der immer noch Amateurfußball heißt, aber längst die Geldmengen des Profifußballs verschlingt, stürzt in eine Krise. Neben Düsseldorf blicken der SSV Ulm, Rot-Weiß Essen und Sachsen Leipzig fassungslos auf plötzliche Finanzierungslücken. Auch Regionalliga-Aufsteiger Magdeburg droht die Pleite, beim Aufstiegskonkurrenten BFC Dynamo sieht es auch ohne Sportwelt nicht besser aus. Hier wurden seit Monaten keine Gehälter bezahlt, weil die angeschlagene Internet-Firma Lipro AG zugesagte Bürgschaften nicht gewähren kann.

Die Uhr läuft nun gegen die Vereine. Bis Dienstagabend um 24 Uhr müssen die fehlenden Gelder aufgetrieben werden. "Wir stehen nicht vor der Insolvenz", beruhigt Fortunas Vizepräsident Werner Nowak. Am Montag wollen die Vereinschefs im Düsseldorfer Rathaus vorsprechen. Die Stadt ist jetzt die letzte Hoffnung. Bei einem Konkurs droht der Absturz in die Verbandsliga.

Im Gegensatz zu Fortuna Düsseldorf fiel der Saisonabschluss beim 1. FC Magdeburg fast ekstatisch aus. Doch der Jubelschrei blieb den Fans bei der Siegesfeier im Hals stecken. Denn wie in Düsseldorf will auch hier die Sportwelt keine Bürgschaft für den Verein übernehmen. So droht dem ehemaligen Europapokalfinalist, der endlich den Niederungen der Oberliga entkommen ist, der sofortige Absturz. Ein Insider aus Kölmels Umfeld nennt die Hintergründe für den Ausstieg. Der Kinowelt-Chef hatte die Investitionen in diverse Dritt- und Viertligisten als langfristige Investition gesehen. Zum einen, um dort irgendwann Geld zu verdienen. Zum anderen, weil Kölmel mit der Investition bei Ostvereinen und abgestürzten Traditionsvereinen wie Düsseldorf oder dem SSV Ulm auch Emotionen verbindet. Kölmels Kalkül: Gewinnen seine Vereine im Osten, hat er etwas für den Aufschwung getan und sich damit auch den Zuspruch der Ostdeutschen gesichert. Das hilft seiner Kinowelt, die mit Filmrechten ihr Geld verdient.

Es war ein Spiel mit vielen Optionen, fast wie ein Tipp beim Pferderennen mit mehreren Siegern. Einer kommt durch, die anderen bleiben auf der Strecke. Der 1. FC Union ist im Ziel angelangt und bietet ein attraktives Marktumfeld. Bei anderen Vereinen, wie dem 1. FC Magdeburg ist das Geschäft weniger rentabel, als sich Kölmel das vorgestellt hat. Insider wissen: der Finanzbedarf in Magdeburg ist eher noch größer geworden. Irgendwann hatte Kölmel, dessen Kinowelt auch weniger Gewinne macht als erwartet, offenbar keine Lust mehr, in voller Breite in den Fußball zu investieren. Außerdem hat sich Kölmel mehr Einfluss gewünscht. Die Vereine wirtschafteten mit ihren zum Teil laienhaften Strukturen einfach zu großzügig. Es entstanden weitere Etatlücken und damit weiterer Bedarf, den Kölmel wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage am Neuen Markt seinen Aktionären gegenüber nicht mehr verantworten konnte. Die wollen eine Ausschüttung auf ihre Aktien und nicht Topspieler in der Dritten Liga bei Vereinen, die trotzdem keinen Erfolg haben.

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