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Sportwetten-Urteil: Verfassungsklagen nicht ausgeschlossen

Nach Meinung des Deutschen Fußball-Bundes und der Liga ist das Wettmonopol in Deutschland nicht haltbar. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes über den Wett-Markt in Italien stützt diese Auffassung indirekt.

Frankfurt/Main - Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) fühlen sich in ihrem Kampf um eine Liberalisierung des Sportwettenmarktes durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestätigt und bestärkt. Die EuGH-Richter urteilten nach einer Klage durch die italienische Justiz, dass auch private Anbieter von Wetten bei der Vergabe von Konzessionen zugelassen werden müssen. "Wie auch schon in dem von DFB und DFL vorgelegten Rechtsgutachten ausführlich belegt, ist ein Wettmonopol europarechtlich kaum haltbar", sagte der Wettbeauftragte des DFB und des Liga-Verbandes, Wilfried Straub.

Mit führenden Vertretern der Verbände soll eine Arbeitsgruppe des deutschen Sports nun die Auswirkungen des Wett-Urteils erarbeiten. Der oberste deutsche Sport-Funktionär, Thomas Bach, machte als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) bereits das Ziel unmissverständlich deutlich: "Unabdingbar für den Sport ist die Gewährleistung der finanziellen Mittel, die er bislang aus den Sportwetten erhalten hat, auch für die Zukunft."

Zusammenarbeit mit ausgewählten Anbietern?

Der DOSB sieht nun die Ministerpräsidenten in der Pflicht, die sich im Dezember mehrheitlich (15 von 16) für den Erhalt des staatlichen Wettmonopols in Deutschland ausgesprochen hatten. Der Staatsvertrag soll mit einer Übergangsfrist für die privaten Anbieter Anfang 2008 in Kraft treten. Nur Schleswig-Holstein hat dagegen gestimmt.

DFB und DFL, die sich seit längerem für ein Konzessionsmodell stark machen, das die Zusammenarbeit mit einigen ausgewählten Wettanbietern vorsieht, hatten daraufhin ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Darin war festgestellt worden, dass das deutsche Wettmonopol gegen Grundrechte und bestehendes Europarecht verstoße.

Nun soll die Urteilsbegründung eingehend geprüft werden, kündigte Straub an, "bevor DFB und Liga möglicherweise weitere Schritte einleiten". Diese, so Straub, könnten gar in einer Verfassungsklage münden. "An einer prozessualen Auseinandersetzung kann niemandem gelegen sein, aber wir scheuen davor nicht zurück, wenn keine hinreichende Lösung gefunden wird", hatte der Wettbeauftragte gesagt.

"Sportwetten-Gipfel" gefordert

Unterdessen machte auch DOSB-Generaldirektor Michael Vesper klar, dass der finanzielle Status quo für den deutschen Sport gewahrt bleiben muss. "Es sollte möglich sein, eine Regelung zu erreichen, die der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichtes folgt und dem Sport mit seinen 90.000 Vereinen hilft." Der ehemalige Politiker wird den Vorsitz in der Arbeitsgruppe übernehmen.

Die sofortige Einberufung eines "Sportwetten-Gipfels" forderte der Präsident des hessischen Landessportbundes, Rolf Müller. Die Reaktion auf das Urteil stelle eine existenzielle Bewährungsprobe für das neue DOSB-Präsidium, aber auch für alle Landessportbünde und - fast - alle Spitzenverbände dar, ließ er in einer Pressemitteilung verlautbaren. (Von Jens Marx, dpa)

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