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Sport: Sprung in die Verlustzone

Die Vierschanzentournee verliert an Attraktivität, weil das deutsche Team zu schwach ist

Er läuft gesenkten Hauptes davon. „Ich bin ins Leere gesprungen“, sagt Martin Schmitt in Bischofshofen und tritt ab. Gerade hat er die Qualifikation für das letzte Springen der Vierschanzentournee verpasst. Eigentlich wollte er wieder weit fliegen, doch nach nur 114,5 Metern landete er am Boden. Wieder hat sich eine traurige Geschichte an den Schanzen der Skispringer ereignet.

Es ist nicht die einzige. Eine Szene in Innsbruck: In einem ausrangierten Lifthäuschen mit der Aufschrift „Kassa“ sitzt eine ältere Dame. Vor ihr liegen fünf Stapel Eintrittskarten. „Es gibt noch fast alle Kategorien“, sagt die Frau. Viele Kunden werden an diesem Nachmittag nicht kommen. Der zweite Durchgang des Springens hat längst angefangen.

Nur 17 600 Zuschauer zählten die Veranstalter am Montag beim dritten Springen der Vierschanzentournee. 28 000 Zuschauer hätten im Bergisel-Stadion Platz gefunden. Für das heutige letzte Springen erwarten die Veranstalter noch einmal die üblichen 32 000 Besucher an der Paul-Außerleitner-Schanze (16.30 Uhr, live auf RTL).

Beim zweiten Springen in Garmisch-Partenkirchen kamen 17 000 in ein Stadion, das 35 000 fassen kann. „Weil die Erfolge von Schmitt und Hannawald fehlen, bleiben viele deutsche Zuschauer weg“, sagt Österreichs Trainer Alexander Pointner. Seine Athleten springen zwar besser als die deutschen, aber ganz vorne landen sie auch nicht. Trotz der zurückgehenden Zuschauerzahlen ist Pointner um die Tournee nicht bange. „Die Zuschauer, die in Garmisch waren, kommen wegen des Sports“, sagt Pointner, „das stimmt mich optimistisch.“

Es mehren sich aber die Zeichen, dass der sportliche Abschwung der deutschen Springer auch wirtschaftliche Folgen nach sich zieht. Die Verkäufer von Fanutensilien sind unzufrieden. „Es läuft schlechter als in den letzten Jahren“, sagt eine Verkäuferin. Ihr Mann hat eine Lizenz vom Deutschen Ski-Verband erworben, um offizielle Schals und Fahnen verkaufen zu können. „Aber die Deutschen springen nicht weit genug“, sagt die Verkäuferin. Die Erfolge der Deutschen spiegelten sich früher direkt in ihrer Kasse wider. „Wenn einer gut springt, kaufen die Leute sogar rosa Baseballmützen.“

Auch die Fernsehquoten sinken. Beim Springen in Innsbruck schalteten nur noch 4,88 Millionen Zuschauer ein. Der Marktanteil von RTL rutschte ab. Beim Neujahrsspringen sahen durchschnittlich 6,9 Millionen Fernsehzuschauer das Finale, 800 000 weniger als im Vorjahr. Vor zwei Jahren hatten sich noch 10,47 Millionen für dieses Ereignis interessiert.

Es gibt bereits Gerüchte, dass RTL die Rechte am Skispringen der ARD angeboten haben soll. Deren Sportkoordinator Hagen Boßdorf hat aber kein Interesse. „Dieses Skispringen ist nicht einmal die Hälfte von dem wert, was RTL dafür bezahlt“, sagte Boßdorf. Gegenwärtig hat RTL einen Vertrag mit dem Deutschen Ski-Verband und zahlt 70 Millionen Euro für fünf Jahre. Im November 2007 läuft er aus. Verlängerung unwahrscheinlich.

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