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Stadion-Diskussion: Sportfunktionäre zweifeln an Hertha

Seit dieser Woche denkt Hertha BSC nun auch öffentlich darüber nach, das Olympiastadion nach Auslaufen des Mietvertrags 2017 zu verlassen und in ein eigenes Stadion zu ziehen. Sportfunktionäre haben jedoch andere Sorgen.

Berlin - An diesem Samstag wird sich Hertha BSC das gegnerische Stadion vielleicht noch ein bisschen genauer anschauen als sonst. In Mönchengladbach steht eine Fußballarena, wie sie die Berliner auch gerne hätten: ohne trennende Laufbahn zwischen Rasen und Tribünen und mit 54 000 Plätzen so groß, dass sich alle Karten verkaufen lassen. Seit dieser Woche denkt Hertha auch öffentlich darüber nach, das Olympiastadion nach Auslaufen des Mietvertrags 2017 zu verlassen und in ein eigenes Stadion zu ziehen. Die Mannschaft ist am Freitag nach Mönchengladbach aufgebrochen und hat die Stadt unter anderem mit zwei Fragen zurückgelassen: Ist der Umzug sinnvoll, und wäre er überhaupt bezahlbar?

„Es ist am wichtigsten, dass Geld für die Mannschaft zur Verfügung steht“, sagt Herthas Präsident Werner Gegenbauer. Wenn die Machbarkeitsstudie, die Hertha nun in Auftrag geben will, also herausfindet, dass dem Klub kein Geld mehr für Transfers bleibt, könnte die Debatte um ein neues Stadion schnell wieder vorbei sein. Allerdings engagieren sich inzwischen Investoren im Sport, die so reich sind, dass sie auch Herthas Schulden von 30 Millionen Euro nicht stören dürften – wenn sie den Klub nur attraktiv genug finden.

Die Bindung des Klubs an das Stadion wurde vor drei Jahren schon ein wenig gelockert. Seit 2005 ist Hertha nicht mehr Mitbetreiber des Stadions, sondern nur noch Mieter. „Den Mietvertrag erfüllen wir aber auf jeden Fall“, sagt Gegenbauer. Er selbst sei bisher unentschieden, wo Herthas Zukunft liegt.

Gegenbauer spielt in der Diskussion eine durchaus interessante Rolle. Vor einigen Jahren hatte er sich noch für die Erhaltung des Olympiastadions als Austragungsort für Leichtathletikwettbewerbe starkgemacht. Er veranstaltet gemeinsam mit Partnern das Istaf und trug maßgeblich dazu bei, die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 nach Berlin zu holen. Nun jedoch kann er sich einen Auszug des wichtigsten Mieters aus dem Stadion vorstellen.

Einen Interessenkonflikt sieht Gegenbauer nicht. „Ich habe in dieser Angelegenheit nur einen Hut auf, und das ist der von Hertha BSC.“ Beim Istaf läuft sein Engagement bis 2009. Gut möglich, dass sich Gegenbauer dann aus der Leichtathletik zurückzieht. Es kann auch sein, dass das Istaf nach der WM aus der ersten Liga der internationalen Meetings herausfällt und im Jahn-Sportpark besser aufgehoben wäre.

Für die WM 2009 hatte sich Gegenbauer nach Meinungsverschiedenheiten mit dem Organisationskomitee nicht mehr einbinden lassen. „Ich will doch nicht die Leichtathletikbahn aus dem Stadion herausreißen“, sagt Gegenbauer nun. Er mache sich lediglich Gedanken um die Zukunft von Hertha BSC. „Die Ansprüche an den Fußball entwickeln sich doch weiter“, sagt er, und es sei die Frage, ob das Olympiastadion diesen Ansprüchen auf Dauer gerecht werde.

Dass das Stadion nur durchschnittlich besucht wird und die Stimmung nicht erstklassig ist, wird jedoch von vielen Seiten Hertha angelastet. Auch von Gerhard Janetzky, der gemeinsam mit Gegenbauer das Istaf veranstaltet: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Stadion der einzige Grund ist, warum nicht mehr Zuschauer kommen“, sagt der Istaf-Geschäftsführer. „Entweder man passt das Stadion an den Bedarf an, oder man versucht, das Stadion voll zu bekommen.“ Das Istaf hatte in Zusammenarbeit mit einer Bank zuletzt fast 70 000 Karten verkauft.

In der ersten Saison nach dem Wiederaufstieg 1997/98 hatte Hertha im nicht sanierten Olympiastadion einen Zuschauerschnitt von 53 000 – 8000 mehr als in der vergangenen Saison. Auch die Vereinigung deutscher Stadionbetreiber sieht die Möglichkeiten des Olympiastadions noch nicht ausgereizt. „Hertha muss über sein Image nachdenken“, sagt ihr Vorsitzender Joachim Thomas. Wenn den Fans nicht nur etwas an ihrem Verein, sondern auch am Olympiastadion liegt, können sie etwas zum Bleiben beitragen: Vom nächsten Samstag an alle Heimspiele besuchen.

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