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Sport: Starke Außenseiterin

Während Anja Müller mit dem Florett unerwartet WM-Silber holt, enttäuschen die Degen-Herren

Leipzig Die Florett-Spezialistin Anja Müller aus Tauberbischofsheim hat gestern Abend bei den Fecht-Weltmeisterschaften in Leipzig überraschend Silber gewonnen. Es ist die erste WM-Medaille der 28-Jährigen. Sie unterlag im Finale der Titelverteidigerin und Weltmeisterin Valentina Vezzali (Italien) nur knapp 10:11. Die Entscheidung fiel in der Verlängerung im so genannten Suddendeath. Zeitweise führte Müller sogar 7:3, und es sah so aus, als würde sie die erste WM-Goldmedaille für Deutschland im Damenflorett seit 1998 gewinnen. Damals wurde Sabine Bau Weltmeisterin. Doch Vezzali gelang nur vier Monate nach der Geburt ihres Sohns ein glänzendes Comeback.

Ausgerechnet mit der in den vergangenen zwei Jahren schwächsten Waffe der Deutschen gelang dieser Erfolg. „Mein Traum hat sich erfüllt. Und dann noch in Leipzig vor meiner Familie meine erste WM-Medaille zu gewinnen, das ist einfach geil“, sagte Anja Müller, die aus Potsdam stammt.

Die 28-Jährige hatte im Viertelfinale die Chinesin Lei Zhang 12:11 besiegt und sich damit bereits die Bronzemedaille gesichert. Im Halbfinale gewann sie mit 15:7 gegen die Französin Adeline Wuilleme. Florett-Bundestrainer Ingo Weißenborn hatte Müller („Sie ist sehr zielstrebig und manchmal etwas undiszipliniert“) höchstens den Sprung unter die ersten acht zugetraut, obwohl die Weltranglisten-Siebte in der vergangenen Weltcup-Saison drei Podestplätze erreicht hatte. Müllers Teamkolleginnen Carolin Neckermann und Katja Wächter waren in der Runde der letzten 32 gescheitert, Sandra Bingenheimer verlor schon in der ersten Finalrunde.

Dagegen enttäuschten die deutschen Herren mit dem Degen, die als Medaillenkandidaten galten. Doch Daniel Strigel (Tauberbischofsheim) verlor im Achtelfinale gegen den Niederländer Bars Verwijlen trotz einer 14:11-Führung in der Verlängerung 14:15. Sein Teamkollege Sven Schmid, der sich zuvor in einem deutsch-deutschen Duell gegen Norman Ackermann durchgesetzt hatte, unterlag dem viermaligen Weltmeister Pawel Kolobkow (Russland) mit 10:11. Kolobkow sicherte sich zwölf Jahre nach seinem ersten WM-Gewinn 1993 in Essen seinen fünften Titel durch ein 15:14 im Finale gegen Fabrice Jeannet (Frankreich).

Degen-Bundestrainer Walter Steegmüller war sichtlich enttäuscht: „Wir hatten zwei erfahrene Fechter, und ich hätte erwartet, dass zumindest einer eine Medaille gewinnt.“ Gegen den volles Risiko fechtenden Verwijlen zeigte Strigel seine alte Schwäche: Er gewinnt trotz klarer Führungen sein Gefecht nicht. „Wenn man eine Medaille holen will, darf man nicht gegen einen Verwijlen verlieren“, sagte er. Bundestrainer Steegmüller schloss Fehler in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung im Fall Strigel nicht aus. Er habe es nicht geschafft, die Konzentrationsprobleme des Sportsoldaten zu beheben, sagte er.

Sven Schmid lieferte gegen Kolobkow einen guten Kampf und hatte sich im Gegensatz zu Strigel nur vorzuwerfen, den entscheidenden Treffer in der Verlängerung nicht gesetzt zu haben. dpa

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