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Auf geht’s, Hertha. Bei frostigen Temperaturen um minus acht Grad begrüßte Trainer Pal Dardai am Sonntag 30 Spieler, darunter 25 Feldspieler und fünf Torhüter, zum ersten Training des Jahres 2016.

© dpa/Stache

Start in die Rückrundenvorbereitung: Hertha BSC begeistert auch noch bei Minusgraden

Unter dem Beifall von 300 Zuschauern beginnt Hertha BSC die Vorbereitung auf die Rückrunde - und ist an Sinan Kurt vom FC Bayern interessiert.

Das neue Jahr hat gleich einmal bestätigt, was Pal Dardai am Ende des vergangenen Jahres offiziell verkündet hatte: Thomas Kraft ist die Nummer eins bei Hertha BSC. Es ist vier Minuten vor halb drei, als der Torhüter vor allen anderen Spielern des Berliner Fußball-Bundesligisten den Trainingsplatz betritt – so als hätte er es besonders eilig. Aber man kann das auch verstehen. Mitte September hatte sich Kraft an der Schulter verletzt, seitdem hat er kein einziges Spiel mehr für Hertha bestritten, und auch auf dem Trainingsplatz war er schon lange nicht mehr gesehen worden. Trotzdem: Den Status als offizielle Nummer eins besitzt Kraft laut Dardai immer noch. Ob der bisherige Stammtorhüter der Berliner allerdings in der Rückrunde auch auf dem Platz stehen wird, ist nach den starken Leistungen seines Vertreters Rune Jarstein eine ganz andere Frage.

Es ist eine Frage, mit der sich künftig möglicherweise nicht nur Thomas Kraft (oder Rune Jarstein) beschäftigen muss. Als Herthas Spieler am Sonntagnachmittag mit der Vorbereitung auf die Rückrunde beginnen, ist es voll wie lange nicht – auf und neben dem Platz. Knapp 300 Anhänger sind bei knackigen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und einem schneidenden Wind aus dem Osten gekommen. Für Herthas Verhältnisse ist das schon eine kleine Völkerwanderung, aber eben auch Ausdruck einer gesteigerten Erwartung, der sich die Mannschaft nach Platz drei zur Winterpause künftig ausgesetzt sieht. Trainer Pal Dardai, der als Hauptverantwortlicher für die schöne Zwischenbilanz gilt, wird sogar mit Beifall bedacht, als er den Trainingsplatz betritt. „Es ist schön zu sehen, dass die Leute kommen und uns sehen wollen“, sagt Kapitän Fabian Lustenberger. „Aber das haben wir uns in der Hinrunde auch verdient.“

Auf dem Platz herrscht so großes Gedränge, dass Co-Trainer Rainer Widmayer bei einer Passübung sogar darauf hinweisen muss, „dass wir uns nicht über den Haufen rennen“. Fünf Torhüter und fünfundzwanzig Feldspieler sind beim Trainingsauftakt dabei: neben Kraft auch die zuletzt verletzten Niklas Stark und Peter Pekarik, dazu Julian Schieber, der nach dem Aufwärmen allerdings mit Co-Trainer Hendrik Vieth ein individuelles Programm absolviert. Der Stürmer soll in dieser Woche wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Allein Sami Allagui fehlt nach seiner Kreuzbandverletzung noch; er wird auch im Trainingslager in Belek noch nicht dabei sein.

Sinan Kurt könnte die Konkurrenz auf den Außenbahnen erhöhen

Trotz des personellen Überangebots wird Trainer Dardai in den nächsten Tagen vielleicht sogar noch einen Neuen begrüßen können. Der Ungar bestätigt Herthas Interesse an Sinan Kurt vom FC Bayern München. „Er ist ein großes deutsches Talent“, sagt Dardai. „Und Talente nehmen wir immer gern.“ Im Gespräch ist eine Ausleihe, möglicherweise mit Kaufoption. Kurt, inzwischen 19, war vor anderthalb Jahren unter einigem Getöse von seinem Heimatverein Borussia Mönchengladbach zu den Bayern gewechselt, die immerhin 1,5 Millionen Euro (plus erfolgsabhängiger Nachschläge) für den Offensivspieler ausgegeben haben. Für die Münchner Profis ist Kurt seitdem allerdings nur einmal zum Einsatz gekommen (gegen Hertha). Seine hoffnungsvolle Karriere ist mächtig ins Stocken geraten. Im Sommer wurde Kurt von Trainer Pep Guardiola sogar zur U 23 abgeschoben, für die er seitdem ebenfalls nur sporadisch zum Einsatz gekommen ist.

„Den Männerfußball hat er noch nicht hinbekommen“, sagt Dardai. Trotzdem kann ein Spieler wie Kurt, der es in München nicht geschafft hat, für einen Klub wie Hertha durchaus interessant sein. Bestes Beispiel ist Mitchell Weiser, der im Sommer nach Berlin gekommen ist und bei Hertha auf Anhieb das geschafft hat, was ihm bei den Bayern in drei Jahren versagt geblieben war: Stammspieler zu werden. Kurt sei schnell und habe eine gute Schusstechnik, sagt Dardai, „wenn du so einen guten Techniker bekommen kannst, machen wir das“.

Im Idealfall würde Kurt die Konkurrenz auf den offensiven Außenbahnen erhöhen, wo trotz ausreichend vorhandenen Personals (Valentin Stocker, Änis Ben-Hatira, Roy Beerens, Genki Haraguchi) durchaus noch Optimierungsbedarf besteht. Alles, was die Mannschaft voranbringt, kann Dardai nur recht sein. Hertha habe zwar „ein Jahr, um stolz zu sein“, hinter sich, sagt er, „aber wir wollen uns weiter verbessern“.

Schon im ersten Training des neuen Jahres mahnt Co-Trainer Widmayer hohes Tempo, Passgenauigkeit und saubere Abläufe an. Manches sieht sogar schon wieder recht gut und gekonnt aus. In einem kleinen Trainingsspiel gelingt Vladimir Darida nach einer Passfolge über mehrere Stationen mit jeweils nur einer Ballberührung ein besonders schöner Treffer. Sein Mitspieler Per Skjelbred, neben Darida der beste Herthaner der Hinrunde, reißt sich vor Begeisterung die Mütze vom Kopf und hält sie seinem Gegenspieler Marvin Plattenhardt wie einen Klingelbeutel vor die Nase. So als wollte der Norweger Skjelbred sagen: Eine Spende bitte für den begnadeten Künstler.

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