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Sport: Statistisch im Glück

Eigentlich sollte die deutsche Hockey-Nationalmannschaft stark genug sein, um auf einen Glücksbringer verzichten zu können. Aber ein bisschen Aberglauben kann natürlich trotzdem nicht schaden, wenn die Deutschen heute um 13.

Eigentlich sollte die deutsche Hockey-Nationalmannschaft stark genug sein, um auf einen Glücksbringer verzichten zu können. Aber ein bisschen Aberglauben kann natürlich trotzdem nicht schaden, wenn die Deutschen heute um 13.35 Uhr (MEZ) in Kuala Lumpur das Endspiel um die Weltmeisterschaft bestreiten: Seit dem Halbfinale kann das deutsche Team auf die Hilfe eines speziellen Glücksbringers bauen. Michael Hilgers ist aus Mönchengladbach für die beiden letzten Spiele des Turniers nach Kuala Lumpur geflogen. Hilgers war vor zehn Jahren maßgeblich am letzten großen Triumph der deutschen Hockey-Herren beteiligt. Im olympischen Finale von Barcelona erzielte er beide Tore zum 2:1-Sieg seiner Mannschaft. Gegner war damals wie heute Australien. Damit stehen sich die beiden derzeit stärksten Mannschaften im WM-Finale gegenüber.

Aus dem Olympiasiegerteam von 1992 ist nur noch der Bad Dürkheimer Christian Mayerhöfer dabei. "Ich gehörte damals zwar zum Olympiakader und darf mich auch Goldmedaillengewinner nennen", sagt Mayerhöfer. "Aber da ich im Finale nicht gespielt habe, ist das auch für mich etwas Neues." Am liebsten würde Deutschlands Rekordnationalspieler mit dem Titelgewinn und dann 302 Länderspielen seine internationale Karriere beenden. Gute Erinnerungen an ein Endspiel gegen Australien hat auch Christoph Bechmann. Im Finale der Champions Trophy 1997 in Adelaide erzielte er alle drei Tore zum deutschen 3:2-Sieg. Sein letzter Treffer war ein Golden Goal. "Davon träume ich", sagt Bechmann. "So etwas müsste mir jetzt auch in Kuala Lumpur gelingen."

Dass er überhaupt in Malaysia dabei ist, verdankt er der Veränderung auf der Trainerposition bei den deutschen Hockey-Herren. Wäre Paul Lissek nach den Olympischen Spielen von Sydney Cheftrainer geblieben, hätte Bechmann seine internationale Karriere beendet. Jetzt denkt er darüber nach, bis Athen 2004 weiterzumachen. Nachfolger Lisseks wurde Bernhard Peters, unter dessen Verantwortung das Team des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) eine bemerkenswerte Bilanz aufweist. In 44 Länderspielen kam die Mannschaft zu 40 Siegen. Der 41. Sieg im 45. Spiel käme einem der größten Erfolge für das deutsche Hockey gleich. Noch nie haben die Männer den WM-Titel geholt, lediglich einmal, vor 20 Jahren, standen sie im Finale.

Die Statistik spricht eigentlich für die Deutschen. Gegen Australien kamen sie seit April 1990 in fünf Spielen zu fünf Siegen. Die letzte Begegnung war das Finale des Champions-Trophy-Turniers 2001 in Rotterdam, in dem Deutschland mit 2:1 gewann. Auch Paul Lissek, der inzwischen die Nationalmannschaft des WM-Gastgebers Malaysia trainiert, sieht das DHB-Team im Sinne der Wahrscheinlichkeitstheorie im Vorteil: "Wenn ich die Summe der Leistungsfähigkeit der deutschen Spieler mit der der australischen Spieler vergleiche, hat das deutsche Team das größere spielerische Potenzial." Lissek sieht Deutschlands WM-Chancen bei 60:40.

Bei weitgehend gleichen körperlichen und spielerischen Voraussetzungen kommt es wahrscheinlich auf den mentalen Vorsprung an. Um das Trauma von Sydney, als die favorisierten Deutschen nur Platz fünf belegten, zu überwinden, leistet sich der DHB die Beratungsdienste des Sportpsychologen Lothar Linz. Nach der überraschenden Vorrundenniederlage gegen Spanien hatte Linz einiges zu tun. "Das war zweifelsfrei eine gefährliche Situation. Aber wenn man die Gefahr richtig aufarbeitet, bietet sie eine Chance," sagt Linz. Sogar die Chance, Weltmeister zu werden.

Hanspeter Detmer

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