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Sport: Stau in Serpentinen

Vor allem in den Bergen erleben die Spiele ein Verkehrschaos – viele Fans kommen zu spät

Am Sonntagnachmittag ging in und um Sestriere überhaupt nichts mehr. Drei Kilometer lang stauten sich Autos und Busse aus jeder Richtung in den Serpentinen vor dem Bergort, in dessen Nähe die meisten Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen stattfinden. Irgendwann öffneten die wartenden Busse ihre Türen und ließen die Olympiatouristen, die es eilig hatten, die letzten Kilometer den Berg hinauflaufen. Zwischen stinkenden Abgasen.

Der Sonntag war der bisher chaotischste Tag der Winterspiele. „Wir haben da sicher etwas zu reparieren“, sagte Guiseppe Gattino. Der Kommunikationschef des Organisationskomitees Toroc gibt zu, dass in den Bergen einiges schief gegangen ist. „Das war ein schwieriger Tag, wir hatten viele Veranstaltungen in Sestriere, Cesana und Pragelato.“ Die Koordinierungskommission des Toroc berief am Montag eine Sondersitzung ein. Auch die italienischen Zeitungen schrieben über das Verkehrschaos, das die rund 30 000 Zuschauer in den Bergen am zweiten Tag der Spiele verursacht hatten.

Um in den überfüllten Alpenorten Platz zu schaffen, will das Organisationskomitee nun als erste Sofortmaßnahme Polizei- und Armeefahrzeuge aus den Bergen abziehen. Doch das ineffiziente Transportsystem ist nur eines von mehreren Problemen, die in den ersten Tagen der Winterspiele aufgetaucht sind. Es sind die kleinen Dinge, die stören. Zu wenige Toiletten an den Veranstaltungsorten, zu viel Bauschutt auf den Straßen, zu viele Helfer, die die Besucher in falsche Richtungen schicken. Die Wettkampfbedingungen sind jedoch hervorragend. „Die Sportler stehen im Mittelpunkt“, sagt Christian Neureuther, „das ist doch die Hauptsache bei Olympia.“ Die logistischen Probleme seien nebensächlich. „Das Fernsehen sendet tolle Bilder in die Welt hinaus, das ist doch eine tolle Werbung für den Wintersport“, sagt der ARD-Experte für den alpinen Skisport.

Nicht ganz so toll dürften das jene Zuschauer finden, die am Sonntag wegen der Transportprobleme das Abfahrtsrennen der Herren verpasst haben. Einige sollen bereits das Geld für ihre teuren Eintrittskarten zurückverlangen. Für die Zuschauer, die zu spät in Sestriere eingetroffen sind, wusste IOC-Vizepräsident Thomas Bach einen Trost. „Sie hatten Glück, dass der 30. gewonnen hat, da haben sie noch den Sieger sehen können.“ Doch Bach weiß auch, dass der Sonntag viele Probleme offenbart hat: „Das war kein Glanzstück.“

Die meisten Helfer, Journalisten und Sportler haben sich inzwischen auf die Widrigkeiten eingestellt. Weil die Busse abends nur sehr unregelmäßig oder gar nicht mehr fahren, haben sie eine neue Transportmöglichkeit entdeckt. Sie stellen sich einfach an die Straße und fahren per Anhalter die Berge hoch.

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