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Boxen mit Anspruch. Stefan Härtel in seinem dritten und bisher letzten Profikampf. Als Amateur brachte er es auf fast 190 Kämpfe und vier Meistertitel.

© imago/Jan Huebner

Stefan Härtel: Der Berliner Lehrer mit dem Uppercut

Der Berliner Stefan Härtel verbindet Studium und Profiboxen – am Donnerstag steht eine Prüfung im Fach Erziehungswissenschaft auf dem Plan, am Samstag steht er in der Arena am Ostbahnhof im Ring.

An diesem Donnerstag braucht Stefan Härtel gute Nerven. Der Lehramtsstudent (Sport, Geschichte) hat eine Prüfung im Fach Erziehungswissenschaft. „Ist ziemlich psychologisch angehaucht, nicht ganz ohne“, sagt der 27-Jährige. Und Samstagabend braucht Stefan Härtel nicht nur gute Nerven, sondern auch jede Menge Power. Dann steht der Student als Profiboxer im Ring der Arena am Ostbahnhof.

Noch ist der Berliner ein Mann für das sogenannte Rahmenprogramm. Sein Gegner ist der Franzose Baptiste Castegnaro. Den Hauptkampf werden Härtels Stallkollege Arthur Abraham und der Engländer Paul Smith bestreiten, dabei geht es um den WM-Titel im Super-Mittelgewicht. Das ist auch die Gewichtsklasse von Härtel. Irgendwann soll er dem 34 Jahre alten Abraham als Weltmeister folgen.

Es ist Härtels vierter Kampf als Profi. Im vorigen Mai unterschrieb er einen Vertrag als Berufsboxer beim Berliner Profibox-Stall Sauerland Event. Nach fast 190 Kämpfen als Amateur und knapp 150 Siegen. Als viermaliger Deutscher Meister war Härtel einer der gefragtesten deutschen Amateure. „Er hat auf jeden Fall das Potenzial zum Weltmeister“, sagte Promoter Kalle Sauerland.

Stefan Härtel ist zu allererst ein ästhetischer Boxer und kein Hauer. Weshalb er sich auch lange fragte, ob für ihn ein Wechsel zu den Profis überhaupt Sinn mache. „Ich bin hier richtig“, sagt Härtel nun, er möchte es auch bei den Profis in die Weltspitze schaffen. Dafür hat er die Sicherheit als Sportsoldat eingetauscht gegen die Welt der Gagen. Nicht ohne abzuwägen. Es gibt eben viele „Pull- und Push-Faktoren“, Dinge, die einen in der soliden Absicherung verharren ließen, aber auch welche, die ihn in die neue Welt gezogen hätten.

Als Amateur hat Härtel alle großen Turnier geboxt, EM, WM, Olympia. Bei den Spielen 2012 in London wurde er Fünfter wie auch bei der WM 2014. Aber die Umstellung vom Amateur- zum Profiboxen ist nicht so einfach zu bewerkstelligen. Nicht alle guten Amateure werden gute Profis. Bei den Profis gehe es anders zu. Härter, rauer. „Es ist ein ganz anderer Rhythmus, im Training und im Wettkampf“, sagt Härtel. Allein schon wegen der viel höheren Rundenzahl müsse man mit seinen mentalen und körperlichen Kräften haushalten, „dabei aber den Gegner weiter kontrollieren und ihn nicht kommen lassen“, erzählt Härtel.

Sein Trainer ist Karsten Röwer, 52, bei dem auch Weltmeister Jürgen Brähmer trainiert. Und Röwer nimmt Rücksicht auf das zweite Leben des Stefan Härtel. Beispielsweise beginnt die Donnerstagseinheit in Marzahn morgens um 7.30 Uhr, die anderen Boxer starten erst um 9.30 Uhr. Dann ist Härtel schon auf dem Weg zur Uni. Gar nicht so einfach, den Sport und die akademische Ausbildung unter einen Hut zu bringen, vor allem, wenn etwas die Zeit zum Regenerieren fehlt. „Wenn die anderen Jungs nach den Einheiten ein Mittagsschläfchen einlegen, sitze ich in Vorlesungen.“ Aber es fühle sich auch gut an, im Kopf gefordert zu sein und etwas in der Hinterhand zu haben, wenn es nicht zum WM-Titel reichen sollte. „Ich sehe das Boxen nicht so sehr als Beruf an, sondern als Passion“, sagt Stefan Härtel. „Dafür gebe ich aber alles.“

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