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Hat jetzt das Sagen. Stefan Horngacher feiert an diesem Wochenende seinen Weltcup-Einstand als Skisprung-Bundestrainer.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Stefan Horngacher startet in der alten Heimat: Eine neue Ära beginnt

Nach elf Jahren Werner Schuster steht nun Stefan Horngacher als Bundestrainer an der Schanze. Der Weltcup startet bei seinem früheren Arbeitgeber.

Angst hat Stefan Horngacher nicht. Weder vor den großen Erwartungen an die deutschen Skispringer nach so vielen erfolgreichen Jahren unter seinem Vorgänger Werner Schuster. Noch vor der gewaltigen Kulisse zehntausender polnischer Skisprung-Fans, die ihn beim Weltcup-Auftakt am Samstag (16.00 Uhr, Team-Wettkampf/live bei ZDF und Eurosport) und Sonntag (11.30 Uhr, Einzelspringen, live bei ZDF und Eurosport) in Wisla empfangen wird.

„Da ist nichts Böses zu erwarten. Ich denke, dass die polnischen Fans meine in den letzten drei Jahren geleistete Arbeit schätzen und verstanden haben, warum ich nach Deutschland zurückgegangen bin“, sagt Horngacher.

Schwierige Ausgangsposition nach Erfolgsära Schuster

Tatsächlich hat der neue Skisprung-Bundestrainer in seiner alten Heimat Polen eigentlich ein Denkmal verdient. Seit 2016 gewannen Kamil Stoch und Co. unter seiner Führung alles, was es im Flug-Zirkus zu holen gibt: Ob nun Olympiagold, WM-Titel, Gesamtweltcup-Triumph oder Vierschanzentournee-Gesamtsieg.

Trotzdem gab Horngacher nach drei Jahren seinen hochdotierten Posten in Polen auf. Seine in Titisee-Neustadt im Schwarzwald lebende Familie mit Frau Nicole und den beiden gemeinsamen Kindern war ein wichtiges Argument für die Rückkehr zum Deutschen Skiverband (DSV).
Dort, wo er bis 2016 als Assistent seines österreichischen Landsmanns Werner Schuster gearbeitet hatte, ist er nun der Chef des Ganzen. Und wird an den spektakulären Erfolgen seines Vorgängers gemessen werden. Sieben WM-Titel und zwei Olympiasiege haben die deutschen Flieger in der Ära Schuster seit 2008 gefeiert.

Im letzten Winter gab es bei den Weltmeisterschaften mit drei von vier möglichen Goldmedaillen eine perfekte Bilanz. Eine schwierige Ausgangsposition für Stefan Horngacher beim Start in eine neue Ära. Zumal mit Olympiasieger Andreas Wellinger, dem einstigen Vorflieger Severin Freund und Toptalent David Siegel gleich drei potenzielle Leistungsträger verletzungsbedingt ausfallen.

Ausgewunken beim DSV. Erfolgscoach Werner Schuster hatte nach elf Jahren als Skisprung-Bundestrainer seinen Rücktritt erklärt.
Ausgewunken beim DSV. Erfolgscoach Werner Schuster hatte nach elf Jahren als Skisprung-Bundestrainer seinen Rücktritt erklärt.

© Daniel Karmann/dpa

Der 50 Jahre alte Stefan Horngacher bleibt trotzdem optimistisch. Der Druck im anstehenden Winter ist glücklicherweise nicht ganz so groß, weil weder Olympische Spiele noch Nordische Ski-Weltmeisterschaften auf dem Plan stehen. „Ich weiß nicht, welches Team auf der Welt solche Ausfälle kompensieren kann. Wir schaffen es fast. Unser Ziel zum Auftakt ist, mit ein, zwei Springern im Anschlussbereich zur Weltspitze zu sein. Und uns im Laufe der Saison so zu steigern, dass wir Athleten aufs Podest bringen.“

Die Aussagen von Horngacher sind auch deshalb so vorsichtig, weil die Leistungen seiner Flieger beim Sommer-Grand-Prix mit Ausnahme eines Sieges von Karl Geiger in Hinterzarten eher nicht so berauschend waren.

Horngacher ändert viel

Das hat etwas mit den grundlegenden Änderungen zu tun, die Stefan Horngacher nach seinem Amtsantritt vollzogen hat. Bis auf Jens Deimel wurde das komplette Trainerteam ausgetauscht. Auch der Führungsstil des neuen Chefs ist anders als der seines Vorgängers.

Während Werner Schuster vor allem ein Meister in der Führung von weitgehend autark arbeitenden Teammitgliedern war, setzt Horngacher mehr auf persönliche Führung. „Die Betreuung ist weniger individuell, sondern wird zentral von mir gesteuert. Ich gebe die Infos an die Springer weiter“, berichtet der neue Chefcoach.

„Außerdem hat sich das Training verändert. Wir sind nur noch auf Lehrgängen Ski gesprungen und nicht mehr daheim auf den Schanzen. Das hatte auch etwas damit zu tun, dass die Schanzen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen und Oberwiesenthal nicht sprungbereit waren.“

In einem sensiblen Sport wie Skispringen sind das sehr viele Änderungen auf einmal und Horngacher räumt selbst ein, dass „es eine Zeit gedauert hat, bis das Verständnis bei den Springern dafür da war.“ Deshalb werde es auch eine gewisse Zeit dauern, bis Erfolge sichtbar werden.

Tournee-Sieg im Blick

Es ist also zum Auftakt in Wisla noch nicht besonders viel zu erwarten von den deutschen Fliegern. Am ehesten könnten laut Horngacher „die üblichen Verdächtigen“ wie der viermalige Weltmeister Markus Eisenbichler oder der zweimalige Team-Weltmeister Karl Geiger im Bereich der Top Ten mitmischen.

Viel wichtiger als ein grandioser Weltcup-Start ist Stefan Horngacher jedoch die Vierschanzentournee – neben der Skiflug-WM im März 2020 das größte Highlight in diesem Winter. Die deutschen Flieger warten inzwischen seit 18 Jahren auf einen Gesamtsieg beim Skisprung-Grand-Slam.

Es ist dieser eine, so wichtige Titel, den auch Werner Schuster nicht holen konnte. „Mit Kamil Stoch habe ich ja in Polen zweimal die Tournee gewonnen. Wir werden für diesen Sieg kämpfen. Es gibt im Hintergrund schon ein paar Vorbereitungen. Wir haben in Sachen Material noch etwas in petto“, verrät Horngacher. Angst vor dieser großen Aufgabe hat dieser Mann wirklich nicht.

Lars Becker

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