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Stefan Kretzschmar wünscht sich in den sozialen Medien personalisierte Accounts

© IMAGO/ Contrast

Stefan Kretzschmar zu Kritik im Netz: „Man muss sich nicht alles gefallen lassen“

Handballer Andy Schmid wehrt sich gegen den respektlosen Umgang im Netz – und bekommt prominente Unterstützung.

Andy Schmid konnte es kaum fassen. Durch einen Freiwurf in der letzten Sekunde hatten er und die Rhein-Neckar-Löwen das Spiel gegen Melsungen am vergangenen Sonnabend noch hergeben müssen. Es war das zweite Mal binnen 48 Stunden, dass seine Mannschaft in der Schlussphase Punkte abgab.

„Ja, die Situation ist nicht gut, sie ist sogar recht besch…! Wir holen zu wenig Punkte und hinken unseren Ansprüchen meilenweit hinterher“, schrieb der Schweizer Mittelmann im Anschluss auf Instagram. Dafür war die sportliche Unzulänglichkeit allerdings nur ein kleiner Anlass. Was ihn noch viel mehr wurmte, war die Reaktion der Fans in den sozialen Medien. „Kritisiert uns (berechtigt), lasst eurem Unmut freien Lauf – dies ist völlig okay! Aber es gibt Leute, die haben bei Mama und Papa früher zu wenig zugehört, wie man sich respektvoll verhält!“

Es ist schon erschreckend, dass derartige Nachrichten von Sportlern momentan wiederholt nötig werden. Dass beispielsweise Bundestrainer Alfred Gislason rassistische Beleidigungen erdulden musste und diese dann öffentlich machte. Dass Nationalspieler Hendrik Pekeler als „Vaterlandsverräter“ beschimpft wurde, nachdem er zur vergangenen Weltmeisterschaft angekündigt hatte, bei der DHB-Auswahl zu pausieren. Auch er teilte die Nachrichten, um auf das Problem der verrohenden Diskussionskultur im Internet aufmerksam zu machen.

„Klar muss man eine gewisse Kritik aushalten, aber es darf niemand persönlich beleidigt oder diffamiert werden“, sagt Stefan Kretzschmar, Vorstand Sport der Füchse. Es sei eben kein Totschlagargument, dass man Profi sei, viel Geld verdiene und das zum Job dazugehöre. „Man muss sich nicht alles gefallen lassen.“

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Auch Kretzschmar brannte es zuletzt oft unter den Fingernägeln, wenn er sich die Kommentare im Netz zu Gemüte führte. „Ich lese solche Sachen und finde das auch wichtig. Allerdings darf man sich nicht davon leiten lassen. Letztlich ist es ja nur ein ganz kleiner Kreis“, sagt der 48-Jährige und regt dazu an, dass eine Personalisierung der Accounts bei dem Problem vielleicht helfen könnte, weil sich dann nicht hinter einer Anonymität versteckt werden könne.

Doch haben seiner Meinung nach ebenso die Medien einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. „Da werden die Schlagzeilen immer heftiger und sind teilweise unterste Schublade. Das ist absolut reißerisches Clickbating, dass nur Skandale produzieren will. Und dem nehmen sich die Leute an“, sagt Kretzschmar.

Zusätzlich gilt natürlich, dass die Kritik in der Krise – so wie sie die Löwen derzeit erleben – nur stärker wird. „Das macht sie jedoch als Mannschaft nur gefährlicher“, warnt Kretzschmar vor dem Spiel gegen den Tabellenelften in Mannheim (20.30 Uhr/Sky). „Sie werden erst recht nach der Aussage von Andy die Chance nutzen wollen, die Situation wieder gerade zu rücken.“

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