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STEIL Pass: Der Frühling der Patriarchen

Stefan Hermanns über die Macht der Machtmenschen Roth und Co.

In der vergangenen Woche hat das Establishment des deutschen Fußballs noch einmal mit der vollen Härte zurückgeschlagen. Das Establishment hat viele Gesichter. Eines von ihnen trägt Brille, ist meistens leicht gerötet und wird von einem grauen Bart gerahmt. Es gehört Michael A. Roth, dem Präsidenten des 1. FC Nürnberg.

Mit der Entlassung des vormaligen Trainerhelden Hans Meyer hat Roth nicht nur bewiesen, dass die alten Reflexe noch funktionieren; er hat auch dem Irrglauben ein Ende bereitet, dass sich jemand wie Roth auf seine alten Tage noch einmal grundlegend wandeln könnte. Patriarch bleibt Patriarch.

Wie viel Macht ein Machtmensch wie Michael A. Roth wirklich besitzt, erkennt man nicht, wenn es gut läuft. Man merkt es erst in den Zeiten einer Krise. Vor einem Jahr sah es ja noch so aus, als habe auch der 1. FC Nürnberg, die ewige One-Man-Show, endlich ein stabiles Gleichgewicht der Kräfte gefunden: mit Hans Meyer, dem omnipräsenten Trainer, dem Jungmanager Martin Bader, der dabei ist, sich in der Branche einen Namen zu machen, und eben Roth, der sich weitgehend zurücknahm. Selten hat man den Präsidenten seliger erlebt als im Mai 2007 rund um den Pokalsieg. Es schien, als habe er richtig Spaß gefunden an seiner neuen Machtlosigkeit.

Heute wissen wir, dass es sich wohl um eine optische Täuschung gehandelt haben muss.

Vielleicht gäbe es den 1. FC Nürnberg ohne Michael A. Roth gar nicht mehr; solange es aber Roth gibt, wird der 1. FC Nürnberg nie entscheidend und vor allem dauerhaft vorankommen. Das Gleiche gilt für den MSV Duisburg, der ähnlich strukturiert ist wie der Club: mit Walter Hellmich an der Spitze, einem allmächtigen Boss, der es als erfolgreicher Unternehmer gewohnt ist, alles alleine zu entscheiden. Nachdem er sich am Wochenende über Pfiffe des eigenen Anhangs geärgert hatte, hat Hellmich sein Selbstverständnis deutlich zum Ausdruck gebracht: „Wenn ich mal die Lust verliere, geht der MSV den Bach runter.“ So denken sie, die Patriarchen: Ohne mich ist der Verein – gar nichts.

Stefan Hermanns schreibt an dieser Stelle im Wechsel mit Philipp Köster.

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