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STEIL Pass: Die Anmut der Behelfstribüne Philipp Köster wünscht sich mehr baufällige Stadien

Hin und wieder ist in der Presse etwas über das »Groundhopping« zu lesen. Jenes etwas obskure Hobby, das Leute durch die Welt reisen lässt, um möglichst viele Fußballstadien zu sehen.

Hin und wieder ist in der Presse etwas über das »Groundhopping« zu

lesen. Jenes etwas obskure Hobby, das Leute durch die Welt reisen lässt, um möglichst viele Fußballstadien zu sehen. Das Maracana in Rio, die Anfield Road in Liverpool, aber auch usbekische Bezirkssportanlagen mit einsturzgefährdeter Haupttribüne und betrunkenem Platzwart. Der Reiz, jedes Wochenende in muffigen Eurocity-Zügen zu sitzen, um dann nach 23-stündiger Fahrt zu erfahren, dass das Spiel von Dnjepr Dnjepropetrowsk bei Tschernomorez Odessa leider ausfällt, ist dem normalen Fußballfan nur schwer zu erklären. Was auch daran liegt, dass alle größeren deutschen Stadien inzwischen ziemlich gleich aussehen.

Dabei können Stadien so aufregend sein. Am Mittwoch sah ich das Champions-League-Spiel der Bayern in Florenz. Und wohin ich auch blickte im baufälligen Stadio Artemi Franchi, überall gab es Neues zu entdecken. Die rostigen Behelfstribünen hinter dem Tor, die knarzenden Lautsprecher aus Vorkriegsproduktion, die kleine Kaffeebar hinter der Haupttribüne. Und vor allem die geschwungenen Kurven, in denen die Fans der Fiorentina dicht gedrängt standen und sich die Kehle aus dem Leib brüllten.

Aber man muss nicht extra in die Toskana reisen, um dies zu erleben. Fahren Sie nach Brandenburg und bestaunen Sie den Plattenbau hinter der Hauptttribüne im Stadion am Quenz. Oder bewundern Sie im Karl-Liebknecht-Stadion zu Babelsberg die wahrscheinlich europaweit einzige Flutlichtanlage, bei der die Masten nach dem Spiel um ein Drittel abgeklappt werden können. Man könnte fast zum Groundhopper werden.

— Philipp Köster schreibt an dieser Stelle im Wechsel mit Stefan Hermanns.

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