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STEILPASS Ausland: Ein Tanz mit Totò

Dominik Bardow darüber, was die ganz Großen im Fußball auszeichnet.

Wenn ich erzähle, dass ich Sportjournalist bin, dann reagiert die Hälfte der Leute, nennen wir sie einmal Frauen, gelangweilt bis weggehend. Die andere Hälfte ist interessierter, sie fragt mich, ob ich schon mal jemand Berühmtes interviewt hätte? Wer hat mich denn am meisten beeindruckt?

Ich antworte dann so etwas wie Ottmar Hitzfeld, Lothar Matthäus oder Dirk Nowitzki. Das ist leicht nachvollziehbar. Es ist leider nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist komplizierter und heißt Totò Schillaci.

Er war kein Großer, es gibt nur diese eine Geschichte, wie er einen Sommer lang tanzte. Doch war er mein Held. Er mischt sich in Kindheitserinnerungen an Genscher, Gorbatschow und Hasselhoff. Die Nachbarn hängten Fahnen raus und feierten Deutschland, ich liebte Italien und Totò Schillaci.

Das Problem mit Leuten, die nur eine Geschichte zu erzählen haben, ist, dass sie ihre Story meist satt haben. Sie wollen etwas Neues erzählen, aber das will keiner hören.

Ich machte Totò Schillaci in seiner Fußballschule auf Sizilien ausfindig und fragte in stotterndem Italienisch, ob er mir seine Geschichte erzählen würde. Und Totò Schillaci erzählte. Von magischen Nächten, von Fahnenmeeren. Er sang sogar seinen eigenen Fangesang, Too-tooo Skiiii-latsch-iii, begleitet aus der Ferne von Nannini, von Hasselhoff. Er malte seine Tore wie Sterne an den Himmel über Rom, wir tanzten durch seinen Sommer, wir schwebten in die laue Nachtluft und köpften ein. Das Stadion tobte, die Nachbarn hängten die Fahnen raus.

Heute beeindruckt Totò Schillaci keinen mehr richtig. Aber vielleicht sind das ja die ganz Großen. Die, die diese eine Geschichte haben und sie immer wieder tanzen können.

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