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STEILPASS Inland: Dem Wahnsinn ein Format Stefan Hermanns über das bizarre Ritual der Mitgliederversammlung

Wenn die letzten Blätter von den Bäumen fallen und in den Fußgängerzonen die Lichterketten installiert werden, ist es endlich wieder so weit: Die Bundesligisten halten ihre Mitgliederversammlungen ab, der Wahnsinn bekommt ein Format. Am Wochenende war das sehr schön beim 1.

Wenn die letzten Blätter von den Bäumen fallen und in den Fußgängerzonen die Lichterketten installiert werden, ist es endlich wieder so weit: Die Bundesligisten halten ihre Mitgliederversammlungen ab, der Wahnsinn bekommt ein Format. Am Wochenende war das sehr schön beim 1. FC Köln zu beobachten, wobei der Wahnsinn diesmal ausnahmsweise nicht beim Fußvolk zu verorten war, sondern beim Präsidium, das mal eben, hoppladihop, seinen Rücktritt erklärte. In der Folge wäre es beinahe zu einer Wiederaufnahme der bei solchen Veranstaltungen früher sehr beliebten Faustkampftradition gekommen.

Generell sind Mitgliederversammlungen in den vergangenen Jahren erfolgreich domestiziert worden. Dass man als einfaches Mitglied erscheint und ein paar Stunden später, nach einer Rasen-Dreck-und-Herzblut-Rede, als neuer Präsident seines Lieblingsvereins nach Hause geht, ist heutzutage weitgehend ausgeschlossen. Aber der Irrsinn findet weiterhin seinen Weg. 1994 wurde ich als Praktikant einer inzwischen eingestellten Berliner Zeitung zur Mitgliederversammlung von Hertha BSC geschickt. Ich fühlte mich geehrt. Nach vier Stunden in einem halbdunklen Saal dämmerte mir allerdings, warum die Redakteure den Termin nicht selbst wahrgenommen hatten.

Man muss das alles mit Humor nehmen, und manchmal wird man für sein Ausharren wenigstens belohnt. Ich erinnere mich an eine hitzige Hertha-Versammlung im ICC,

es war schon spät, da trat ein Mitglied beim Tagesordnungspunkt Aussprache ans Mikrofon, stellte sich ordnungsgemäß vor und fragte dann in die große Runde, „ob einer Richtung Potsdam fährt und mich mitnehmen könnte“.

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