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Stern vom Bundespräsidenten. Joachim Gauck ehrt Sieger Eintracht Hannover, vertreten durch Rolf Jägersberg.

© dpa

Sterne des Sports: Kick für das andere Leben

Beim FV Blau-Weiss Spandau haben Jugendliche in einem strukturschwachen Umfeld Perspektiven bekommen. Dafür wird der Fußballverein nun mit dem zweiten Preis bei den "Sternen des Sports" ausgezeichnet.

Berlin - Schule, arbeiten, Schularbeiten, Fußball – der Alltag der jungen Kicker vom FV Blau-Weiss Spandau ist durchstrukturiert, von 8 Uhr morgens bis 21 Uhr abends. Es ist ein erstaunliches Projekt, das Trainer Axel Vogel vor einigen Jahren im Ortsteil Wilhelmstadt in die Wege geleitet hat. „Es begann damit, dass mir ein Junge von seinen massiven Schulproblemen erzählte“, sagt der Polizeibeamte. Da sei ihm die Idee gekommen, die Schüler, 15 bis 18 Jahre alt, auch abseits des Fußballplatzes zu unterstützen. So haben die Jugendlichen nun nach der Schule die Möglichkeit, drei Stunden lang in verschiedenen Spandauer Betrieben zu praktizieren, bekommen dann am Nachmittag ein Essen im Vereinsheim und Nachhilfestunden bis zum Trainingsbeginn.

Das Projekt von Spandau wurde am Dienstag nun beim Bundesfinale der „Sterne des Sports“ in Berlin geehrt – mit dem zweiten Platz und einer Prämie von 7500 Euro. In dem Wettbewerb geht es um das soziale Engagement der Sportvereine in Deutschland. Bereits zum neunten Mal wurde ein Sieger gekürt. Die Arbeit des SV Eintracht Hannover wurde mit 10 000 Euro belohnt. Der Klub hat ein Sportangebot entwickelt, das sich vor allem an Menschen wendet, die nach einem Burn-out wieder zurück ins Leben finden wollen. Das Projekt, das in Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Hannover entstand, habe die Jury um Turner Fabian Hambüchen am meisten überzeugt, sagte Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) bei der Siegerehrung in einem Bankhaus am Pariser Platz. Alle 18 Landessieger aus dem Bundesgebiet wurden gestern geehrt, von Platz 18 bis Platz eins durften sie die Glückwünsche von Bundespräsident Joachim Gauck entgegennehmen.

Sport sei ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens, sagte Gauck in seiner Rede. Früher hätten sich die Menschen in Gruppen gegenseitig bekämpft, heute kanalisiere der Sport das in eine positive Richtung. „Die Aggressivität, die im Menschen steckt, wird im Sport humanisiert.“ Und die Menschen würden lernen, „dass nur das, wofür wir uns wirklich anstrengen, uns glücklich macht“, sagte Gauck.

Für Thomas Bach gewinnt der Breitensport im digitalen Zeitalter an sozialer Bedeutung. „Ein Schulterklopfen eines Mannschaftskameraden ist mehr wert als ein Follower in einem sozialen Netzwerk“, sagte der DOSB-Präsident. Das würden immer mehr Jugendliche verinnerlichen – glaubt Bach.

Mag die Zahl von 20 Fußballern in Spandau klein wirken, so ist angesichts von 91 000 Sportvereinen im Lande viel Potenzial für soziales Engagement. Bei Blau-Weiss Spandau jedenfalls haben Jugendliche in einem strukturschwachen Umfeld Perspektiven bekommen. Sechs Schulen und zwölf Betriebe aus der Wilhelmstadt unterstützen das Projekt. Der Fußballklub beschäftigt zudem Studenten, die den Jugendlichen bei den Hausaufgaben helfen und sie in der Berufsplanung beraten. Die schulischen Leistungen der Jugendlichen, viele von ihnen mit Migrationshintergrund, seien wesentlich besser geworden, berichtet Trainer Vogel. Nun hätten viele den Mittleren Schulabschluss (MSA), früher mittlere Reife, als Ziel. Vogel glaubt: „Viele von ihnen können auch das Abitur schaffen.“ Die Jugendlichen würden im Verein in die Zukunft investieren, besonders durch die Berufspraktika. „Viele Betriebe haben so ihre künftigen Azubis schon kennengelernt.“

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