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Da kommt man schon ins Grübeln. Aber eine muss ja Vierter werden. In diesem Falle Severin Freund.

© dpa

Stoch erneut Olympiasieger: Freund verpasst Medaille auf der Großschanze

Wieder keine Medaille für die deutschen Skispringer in Sotschi. Severin Freund sprang als Vierter denkbar knapp am Podest vorbei. Der Olympiasieg ging wie schon auf der Normalschanze nach Polen.

Es waren wunderschöne Bedingungen für die Skispringer an der Großschanze von Krasnaja Poljana. Hell leuchteten die beiden in den Berg gefrästen Schanzentische, wie zwei schneeweiße Riesenzungen. Neben den gigantischen Schanzen war zwar der letzte Schnee längst weggetaut, aber am Abend war es spätwinterlich kalt. Mit dem Wind hielt es sich auch in Grenzen. Und es schien auch ein wunderschöner Abend zu werden für die deutschen Skispringer. Mit einem mächtigen Satz war Severin Freund im ersten Durchgang auf Platz drei gesprungen und hatte einen satten Vorsprung auf Platz vier aufgebaut. Es wirkte so, als müsse der 25 Jahre alte Mann aus Rastbüchl im zweiten Durchgang mit einem ordentlichen Sprung nur noch seine Bronzemedaille verwalten oder mit einem guten Satz sogar mehr erreichen. Doch dann sprang Freund, dann sank Freund ganz schnell und am Ende wurde er Vierter.

Severin Freund griff sich ratlos wirkend ans Kinn, dann sackte sein Kopf nach unten. Zwei Springer waren zwar noch nach ihm an der Reihe, aber der Deutsche ahnte, dass Noriaki Kasai und Kamil Stoch bessere Nerven als er haben würden. Eine halbe Stunde nach seinem Fauxpas wirkte Freund eher trotzig genervt als frustriert. "Der vierte Platz ist natürlich immer bitter, gerade bei so einem großen Wettbewerb", sagte er. "Aber es war ein gutes Ergebnis, nur einer kleiner Fetzen hat gefehlt."

Es war ein mickriger Satz ins olympische Unglück. Zuerst war Severin Freund satte 138 Meter gesprungen, dann hüpfte er auf gerade mal 129,5 Meter und kam auf insgesamt 272,2 Punkte. Damit war es also auch nach den enttäuschenden Leistungen auf der Normalschanze nichts mit einer Medaille für die Deutschen, bei denen Marinus Kraus nach gutem zweiten Durchgang mit einem 140-Meter-Sprung noch von Platz 24 auf sechs vorrückte. Wieder einmal hatten sich die Springer von Bundestrainer Werner Schuster nicht von dem Ruf befreien können, bei den großen Wettbewerben zuverlässig zu versagen. Zwei von drei Medaillen gingen an die üblichen Kandidaten, die goldene an den besten Springer zurzeit: Nach Gold auf der Normalschanze sprang Kamil Stoch bei den Winterspielen von Russland auch von der Großschanze auf Platz eins.

Der doppelte Olympiasieger sagte: "Für mich ist ein Traum wahr geworden, so richtig begreifen kann ich das immer noch nicht." Der Pole zeigte zwar nur eine soliden zweiten Sprung, zehrte aber von seinem guten ersten Durchgang und kam auf insgesamt 278,7 Punkte. Überraschender Zweiter wurde der Japaner Noriaki Kasai (277,4), Bronze ging an Peter Prevc (274,0) aus Slowenien, der schon Silber von der Normalschanze ersprungen hatte. Kasai, immerhin schon 41 Jahre auf der Welt, wurde damit ältester olympischer Medaillengewinner aller Zeiten im Skispringen.

Es war also wieder eine Veranstaltung mit tristem Höhepunkt für die Deutschen an der olympischen Skisprunganlage, an der am Sonnabend auf den Rängen gute Stimmung herrschte. Die vielen polnischen Fans schwenkten ihre weißroten Fahne und hatten richtig Spaß an einem Wettbewerb, der für Freund nach seinem Sturz beim Springen von der Normalschanze wieder kein guter Abend war. Noch unbefriedigender verlief der Wettbewerb für die anderen deutschen Springer: Andreas Wellinger konnte sich nicht einmal für den zweiten Durchgang qualifizieren, der beste Deutsche von der olympischen Normalschanze (Platz sechs) war nur auf Platz 45 gelandet. Richard Freitag kam auf Platz 21.

Severin Freund sagte schließlich noch: "Heute ist noch ein Tag zum Ärgern, aber morgen fängt einer neuer Tag an." Und nach dem Sonntag fängt auch wieder ein neuer Tag an, ein ganz wichtiger für Freund und Kollegen: Denn für Montag haben sie die Hoffnung, im Teamwettbewerb von der Großschanze doch noch zu einer olympischen Medaille zu kommen. Und sie müssen vor allem allesamt hoffen, dass ihre Nerven dann auch einmal mitspringen.

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