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Sport: Strafe für Antisemitismus

Verbandsgericht fällt Urteil nach Kreisliga-Vorfall

Berlin - Das Sportgericht des Berliner Fußball-Verbands (BFV) hat den Verein VSG Altglienicke für die antisemitischen Beschimpfungen im Kreisligapiel gegen TuS Makkabi II bestraft. Am 26. September waren die Spieler des jüdischen Vereins Makkabi beim Spiel gegen die zweite Mannschaft von Altglienicke von Zuschauern beleidigt und bedroht worden. Makkabi ging daraufhin in der 78. Minute beim Stand von 4:1 für Altglienicke vom Platz.

Nach zweistündiger Beratung beschloss das Sportgericht am Freitagabend, das Spiel neu anzusetzen. Dem Urteil zufolge muss VSG Altglienicke II die nächsten beiden Pflichtspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit austragen; bis zum Ende der Saison 2007/08 müssen bei jedem Heimspiel der ersten oder zweiten Mannschaft fünf Ordner anwesend sein, die „rassistische Tendenzen“ unterbinden sollen.

Die 14 gegen Makkabi auf dem Spielformular eingetragenen Fußballer sowie die Trainerin und ein Betreuer sind verpflichtet, bis zum 15. Dezember 2006 auf eigene Kosten an einem BFV-Seminar gegen Rassismus teilzunehmen. Ein Spieler von TuS Makkabi wird wegen Schiedsrichterbeleidigung für zwei Spiele gesperrt. Auch über Schiedsrichter Klaus Brüning wurde ein Urteil gefällt, der BFV gab gestern noch nicht bekannt, ob er ebenfalls eine Strafe erhält oder suspendiert wird.

Am Dienstag hatte sich das Gericht auf Freitag vertagt, nachdem die Richter vier Stunden lang Zeugen vernommen hatten. Die Aussagen der Beteiligten lagen weit auseinander: Makkabi berichtete von übelsten Beschimpfungen wie „Vergast die Juden“, der Schiedsrichter und die VSG Altglienicke gaben an, nichts Derartiges gehört zu haben. In Internetforen der Vereine und des Tagesspiegels hatten Altglienicker Vereinsmitglieder allerdings Hassparolen seitens der Zuschauer eingeräumt und sich bei Makkabi entschuldigt. Auch ein neutraler Augenzeuge hatte die Vorfälle bestätigt.

Die Reaktion auf das Urteil des Sportgerichts ist geteilt. Während BFV-Präsident Bernd Schultz von einem „ausgewogenen Beschluss“ spricht, ist der Makkabi-Vorsitzende Tuvia Schlesinger nicht zufrieden: „Das Urteil reicht weiß Gott nicht aus, um ein Zeichen gegen Rassimus und Antisemitismus zu setzen.“ Es könne nicht sein, dass man „mit Weghören ungestraft davon kommt“. Verbandspräsident Schultz betonte, der Beschluss habe eher einen „helfenden als einen strafenden Charakter“.

Insbesondere die Platzsperre gegen Altglienicke ärgert Schlesinger: „Es ist doch lächerlich, wenn eine zweite Mannschaft in der Kreisliga unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielen muss.“ Sonst kämen doch auch nur 20-30 Zuschauer. Bereits am Dienstag hatte Claudio Offenberg, Trainer der ersten Makkabi-Mannschaft, ein Urteil „mit Signalwirkung“ gefordert. Beide Vereine können Einspruch gegen das Urteil erheben.

In der Geschäftsstelle der VSG Altglienicke wollte sich gestern niemand äußern. Auf die Frage nach einer Stellungnahme zum Urteil gab es als Antwort ein knappes „kein Bedarf“. Auf der Homepage des Vereins diskutieren Mitglieder darüber, mit einem Transparent gegen Rassimus Stellung zu beziehen. Unter anderem stehen die Slogans „Altglienicke gegen Rechts“ und „Ob Ost, ob West – nieder mit der Nazi-Pest“ zur Debatte.

Auch die Polizei beschäftigt sich weiterhin mit den Vorfällen. Der Staatsschutz ermittelt gegen Unbekannt, ein Polizeisprecher sagte gestern, der Verdacht der Volksverhetzung „erhärte sich“.

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