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Streit im DFB-Team: Fall Ballack: Es wird ernst

Der Angriff von Michael Ballack hat Bundestrainer Joachim Löw so sehr getroffen, dass er über harte Sanktionen gegen seinen Kapitän nachdenkt – der DFB würde ihn dabei wohl unterstützen.

Wenn die Angelegenheit, zumindest für den deutschen Fußball, nicht so ernst wäre, könnte man das Ganze fast schon witzig finden. Michael Ballack, der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, und Joachim Löw, ihr Trainer, kommunizieren weiter über die Medien miteinander. Jetzt hat sich Michael Ballack wieder zu Wort gemeldet und kurz und knapp über die „Bild“-Zeitung seine Meinung kundgetan, was er von Löws Idee hält, dass er zum Bußgang in Deutschland zu erscheinen habe. Er freue sich auf dieses Gespräch, ließ der Mittelfeldspieler vom FC Chelsea mitteilen, vor allem freue er sich, „dass der Trainer wieder den Dialog mit mir sucht“. Doch damit nicht genug der Süffisanz: Ob und wann er nach Deutschland reise, müsse der Deutsche Fußball-Bund mit seinem Londoner Arbeitgeber abstimmen.

Beim Bundestrainer sind diese Aussagen nicht besonders gut angekommen. Witzig findet Löw die Causa Ballack schon lange nicht mehr. Aus seinem Umfeld heißt es, dass der Bundestrainer richtig geladen sei und vor ernsten Konsequenzen nicht mehr zurückschrecke. Dass sich auch Torsten Frings wieder zu Wort gemeldet hat und nun seinerseits seinem Kumpel Ballack zur Seite springt, trägt nicht unbedingt zur Entspannung bei. Der Bremer hatte nach Werders Champions-League-Spiel in Athen über das Klima in der Nationalmannschaft gesagt: „Es ist ja nicht umsonst so, dass gestandene Spieler sauer sind, sich aufregen oder etwas einfordern. Vielleicht sollte man sich mal Gedanken machen, warum das so ist.“

Löw lässt Ballack antanzen

Welche Folgen Ballacks öffentliche Kritik für seine Karriere in der Nationalmannschaft haben wird, hat Löw von dem Vier-Augen-Gespräch abhängig gemacht, zu dem der Kapitän in Deutschland zu erscheinen hat. Es geht dabei auch um eine symbolische Botschaft: Löw will, dass Ballack bei ihm antanzt; und mit einer Wischiwaschi-Erklärung als Resultat des Gesprächs wird er sich nach der jüngsten Zuspitzung des Falles nicht mehr zufrieden geben. Michael Ballack muss seine Kritik an Löw widerrufen und glaubhaft bereuen, sonst ist selbst das Äußerste denkbar: Ballacks ruhm- und ruchloser Abschied aus der Nationalmannschaft.

„Wenn jemand glaubt, dass er nicht mehr für die Nationalmannschaft spielen will, werden wir ihn nicht dazu zwingen, weder mit Geld noch mit Waffengewalt“, hat Löw gesagt. Der Theorie nach besitzt er verschiedene Sanktionsmöglichkeiten: von der einmaligen Suspendierung für das nächste Länderspiel über die Absetzung Ballacks als Kapitän bis hin zum endgültigen Ausschluss aus der Nationalmannschaft. In knapp vier Wochen versammelt Löw seine Mannschaft wieder um sich, zum Freundschaftsspiel gegen England in Berlin. Ob Ballack dann zum Aufgebot gehören wird, muss nach derzeitigem Stand zumindest als fraglich gelten. Im Fußball sind Spieler schon für weit geringere Vergehen suspendiert worden, Oliver Kahn zum Beispiel, weil er seiner Präsenzpflicht bei der Weihnachtsfeier der Bayern und damit seiner Vorbildfunktion als Kapitän nur unzureichend nachgekommen ist. Weitergehende Konsequenzen als einen temporären Ausschluss Ballacks aus der Nationalmannschaft kann sich die Öffentlichkeit im Moment nur schwer vorstellen: Ballack als normaler Nationalspieler unter einem Kapitän Miroslav Klose oder Bastian Schweinsteiger – wie soll das funktionieren?

Parallelen zum Fall Matthäus?

Eine ähnliche Situation hat es in der Nationalmannschaft schon einmal gegeben, sie hat nicht unbedingt zum Wohl des deutschen Fußballs beigetragen. Mitte der neunziger Jahre löste Jürgen Klinsmann den damals verletzten Lothar Matthäus als Kapitän der Nationalmannschaft ab. Nachdem der damalige Bundestrainer Berti Vogts nach dessen Genesung zunächst ein paar Mal auf Matthäus verzichtet hatte, giftete der in der Folge ausdauernd gegen den Bundestrainer: Matthäus warf Vogts Wortbruch, Unehrlichkeit und Feigheit vor und bezichtigte auch seinen Intimfeind Klinsmann der Intrige. Daraufhin warf Vogts Matthäus vor der Europameisterschaft 1996 aus der Nationalmannschaft.

Michael Ballack ist der beste deutsche Fußballer der vergangenen zehn Jahre, er ist der einzige Nationalspieler, der bei einem internationalen Topklub regelmäßig zum Einsatz kommt, und auch in der Nationalmannschaft war sein Status seit der Weltmeisterschaft 2002 immer unumstritten – unter Rudi Völler sowieso, aber auch bei Jürgen Klinsmann und Joachim Löw. Vielleicht hat das Ballack dazu verleitet, seine eigene Position und seinen Einfluss etwas zu überschätzen.

DFB-Präsident Zwanziger ist "arg enttäuscht"

Der DFB jedenfalls hat sich eindeutig auf die Seite des Bundestrainers geschlagen. Er würde wohl auch schärfere Sanktionen Löws gegen den Kapitän der Nationalmannschaft mittragen. Präsident Theo Zwanziger hat auf die verzwickte Situation hingewiesen, in die Ballack Löw mit seinen Aussagen gebracht hat. „Ich bin von seinem Stil arg enttäuscht“, sagte Zwanziger in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“. „Er muss, erst recht als Kapitän, die gemeinsam vereinbarten Spielregeln beachten.“ Matthias Sammer, der Sportdirektor des DFB, kritisierte, dass Ballack sich auf eine Stufe mit dem Bundestrainer gestellt und Löw damit in Erklärungsnot gebracht habe: „Wir müssen alles dafür tun, dass seine Autorität vollständig bestehen bleibt.“

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