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Gefundenes Fressen. Claudia Pechstein kommt der Brandbrief des Bundestrainers nicht ungelegen.

© dpa

Streit mit Eisschnelllauf-Bundestrainer: Claudia Pechstein und Matthias Große sind die Gewinner

Der Brandbrief des Eisschnelllauf-Bundestrainers ist unprofessionell – so kann sich Claudia Pechstein als Opfer darstellen. Mal wieder. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christopher Stolz

Natürlich darf in einer offen geführten Schlammschlacht dieser Tage der Verweis auf die Situation beim Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC nicht fehlen. Das weiß auch Matthias Große, der Lebensgefährte von Claudia Pechstein. Eisschnelllauf-Bundestrainer Erik Bouwman habe „blitzartig von Jürgen Klinsmann gelernt, wie man sich selbst disqualifiziert“, sagte Große im Hinblick auf den Brandbrief, den Bouwman einen Tag vor dem Start der Eisschnelllauf-WM veröffentlich hat.

Darin zieht er mal wieder ausführlich über Pechstein her. „Über ihre übertriebene Freundlichkeit könnten alle im deutschen Team kotzen“, schreibt der Bundestrainer. Oder auch: „Alle Menschen, die sich ein bisschen im Eisschnelllauf auskennen, wissen, dass Claudia Pechstein nur Eigeninteressen hat.“

Pechstein richtet „vielen Dank an den Bundestrainer“

Es ist die nächste Eskalation eines Streits, der seit Wochen und Monaten andauert – und unter anderem schon dazu führte, dass Pechstein inzwischen nicht mehr mit dem deutschen, sondern mit dem polnischen Nationalteam trainiert. Am Freitag legte Bouwman sogar noch nach. „Wir haben hier eine Schlangengrube mit Leuten, die zu einer sehr negativen Strömung gehören“, sagte der 47 Jahre alte Niederländer der Tageszeitung „De Telegraaf“. Nach den Worten von Bouwman „sabotiert“ eine Gruppe angeführt von Pechstein die Pläne des Verbandes, Anschluss an die Top-Nationen zu finden.

Damit spricht der Bundestrainer zwar das aus, was viele andere denken. Nur gibt es gute Gründe, weshalb andere das nie öffentlich ausgesprochen haben. Weil sie wissen, dass es ihnen selbst nichts nützt, aber Pechstein und Große nur darauf warten. Beide können die Steilvorlage aufnehmen und sich wieder als Opfer darstellen.

„Vielen Dank an den Bundestrainer, dass er mich mit seiner Wortmeldung unmittelbar vor dem Beginn der Wettkämpfe bestmöglich unterstützt“, ließ Pechstein als ironische Antwort darauf verlauten. Rein objektiv betrachtet wäre es auch Bouwmans Aufgabe, seine beste Athletin zu unterstützen. Doch damit ist es längst vorbei.

Große kommt der Brandbrief sehr gelegen

Letztlich kann es Pechstein egal sein, wann und wie Bouwman sie angeht. Der Zeitpunkt so kurz vor einer WM ist aber denkbar ungünstig. Vielmehr kommt er Pechsteins Lebensgefährten Große, der auch noch für das Präsidentenamt in der deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft kandidieren will, sogar sehr gelegen.

Große fordert jetzt öffentlich Sanktionen für Bouwman und sieht diesen „nicht in der Lage, ein Team zu führen“. Man kann von Große und Pechstein halten, was man will. Doch in der Sache haben sie recht. Die Art und Weise sowie der Zeitpunkt von Bouwmans Kritik sind unprofessionell – und erfüllen ihren Zweck nicht.

Bouwman erreicht mit seinem Brandbrief wahrscheinlich genau das Gegenteil von dem, was er vermutlich erreichen wollte: Pechstein zu diskreditieren. Doch so gehen nur Claudia Pechstein und ihr Lebensgefährte als Gewinner aus der Sache heraus.

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