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Nach Angaben von FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke soll die Fußball-WM 2022 in Katar nicht in den Sommermonaten stattfinden.

© dpa

Streit um die Fußball-WM 2022 in Katar: Verlegung in den Winter könnte massive Proteste verursachen

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar soll nicht im Sommer sondern im Winter stattfinden - zumindest verkündete das am Mittwoch Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke und nennt erstmals ein konkretes Datum. Was folgt daraus?

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Wenn morgen, am 9. Januar, das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar wäre, könnten die Spieler ganz unbelastet auflaufen: 19 Grad sagt der Wetterbericht für die Mittagsstunden in Doha voraus, 16 Grad werden es 18 Uhr sein, garantiert ohne Regen – besser können es sich Aktive und Funktionäre eigentlich gar nicht wünschen. Zwischen dem 15. November und dem 15. Januar soll die überübernächste WM nun stattfinden. Das sagte jetzt Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke und nannte damit nach langer Debatte über den Austragungsort Katar erstmals ein konkretes Datum. Offen blieb, ob Valcke die WM vorziehen oder nach hinten verlegen will.

Steht der Termin damit fest?

Nach Valckes Vorstoß wurde der Generalsekretär sofort wieder aus dem eigenen Lager zurückgepfiffen. Vizepräsident Jim Boyce zeigte sich „schockiert“ über Valckes Worte, die Entscheidung darüber fälle das Fifa-Exekutivkomitee nicht vor Ende 2014/Anfang 2015. „Stand jetzt bleibt das Turnier im Sommer“, betonte Boyce. Die Gründe für Valckes Vorpreschen bleiben vage.

Hätte eine Verlegung in den Winter rechtliche Konsequenzen?

Seit der Vergabe 2011 gibt es einen Disput um die Wüsten-WM. Neben Korruptionsgerüchten wurden immer wieder Bedenken geäußert, ob eine WM im Sommer am persischen Golf Mannschaften und Fans zugemutet werden könne. Mit der Entscheidung pro Katar hat sich die Fifa viele Probleme geschaffen. Und das Durcheinander im eigenen Haus zeigt, dass man sich bei deren Lösung weiter schwer tut. Sollte es zu einer Verlegung in den Winter kommen, könnte das für die Fifa durchaus unangenehme rechtliche Konsequenzen haben. Insbesondere die USA, in der finalen Entscheidung unterlegen, könnten wegen der nachträglich veränderten Bewerbungsgrundlage dagegen vorgehen.

Welche Gründe sprechen für eine Verlegung in den Winter?

Nur einer: die Temperaturen. Im Sommer herrschen bis zu 50 Grad im Wüstenstaat. Auch die feste Absicht, moderne Kühltechniken einzusetzen, würde nicht reichen. Man kann zwar ein Stadion runterkühlen, nicht aber ein ganzes Land. Deshalb genießt die Verlegung in den Winter in der Welt des internationalen Fußballs klare Präferenz.

Welche Konsequenzen hätte dieser Schritt?

Sehr weitreichende. Inzwischen hat sich bei der Fifa die Erkenntnis durchgesetzt, dass es nicht ganz so einfach ist, vor allem den richtigen Zeitpunkt im Winter zu finden. Die Vorschläge reichen von November/Dezember über Januar/Februar bis in den April hinein. Fifa-Präsident Joseph Blatter hatte sich aus Respekt vor „der olympischen Organisation“ für einen Termin Ende 2022 ausgesprochen, der nicht mit den Winterspielen kollidiert. Favorisiert wird allgemein ein Zeitraum zwischen November und Dezember.

Die Fifa will den Termin nach der WM in Brasilien offiziell bestimmen

Anfang Oktober 2013 hatte die Fifa eine Task Force gegründet, die nach der WM 2014 in Brasilien den geeigneten Termin finden und bei ihrem Entscheidungsprozess die Meinung von Spielern, Vereinen, Ligen, Verbänden, Sponsoren und Medien einbeziehen soll. „Der Beratungsprozess wird nicht überstürzt und bekommt die notwendige Zeit, alle relevanten Elemente in Betracht zu ziehen“, teilte die Fifa am Mittwoch mit.

Was würde eine Turnier-Verlegung in den Winter für den Fußball bedeuten?

Sollte es tatsächlich zu einer WM im Winter kommen, müsste der Spielplan aller europäischen Ligen komplett umgestellt werden – ein Novum. In der Bundesliga müsste zum Beispiel die Sommerpause wegfallen. Möglicherweise würde dann von Februar bis November durchgespielt. Doch den meisten deutschen Profiklubs und auch dem Verband passt das gar nicht. In einer Umfrage der Deutschen Fußball-Liga (DFL) im Dezember 2013 unter den Profivereinen, Experten der Liga, des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sowie aus den Bereichen Medien, Sponsoring, Sicherheit und Fans lehnten rund zwei Drittel der Befragten eine Umstellung der Spielzeit auf das Kalenderjahr ab. Nur 24 Prozent würden das begrüßen.

„Grundsätzlich möchte man am bestehenden Spielkalender festhalten“, sagte am Mittwoch ein Sprecher der DFL. Wenn überhaupt, würde man sich hierzulande nur auf eine einmalige Ausnahme einlassen und den Rhythmus nicht immer beibehalten. Zuvor hatten sich schon viele Ligen gegen einen WM-Termin im Winter ausgesprochen, die englische Premier League und der australische Fußballverband etwa. Wenn man nicht den Spielbetrieb dem Kalenderjahr anpasst, sondern wie gewohnt spielt, müssten die Ligen mit einer üblichen vierwöchigen WM-Vorbereitungszeit spätestens ab Mitte Oktober pausieren. Ein WM-Turnier selbst dauert rund vier Wochen, so lange wäre dann mindesten auch die Pause, ehe die Saison fortgesetzt werden könnte.

Was spricht gegen eine Umstellung der Spielzeit auf das Kalenderjahr?

Theoretisch könnte eine WM von Mitte Januar bis Mitte Februar stattfinden. Die Saison begänne dann im März und würde im November enden. Dem Fußball würde massiver Protest aus anderen Sportarten drohen, welche die bisherige fußballfreie Zeit als ihre große Bühne nutzen. Der Basketball etwa ist nach Ende der Bundesligasaison die einzige in Deutschland noch laufende Spielsportart. Das bringt dem Basketball große Aufmerksamkeit. Auch die Leichtathletik müsste angesichts der starken Präsenz des Fußballs in den Sommermonaten befürchten, ihre Sonderstellung zu verlieren. Und selbst der Fußball bekäme Probleme. Für den Amateurfußball würden die Sommerferien wegfallen. Die Amateure könnten nur noch im Winter mit ihren Familien Urlaub machen.

Wieso wird Katar die WM nicht entzogen?

Blatter argumentiert, es müsse möglich sein, dass die ganze Welt Gastgeber sein könne, auch die Südhalbkugel. Mit seinem Lieblingsprojekt, der WM im winterlichen Südafrika, hat er seine Politik der Ausweitung der Fußballzone vorangetrieben. Forderungen, die WM 2022 in ein anderes Land zu verlegen, seien absurd. „Wir haben die Entscheidung, eine Weltmeisterschaft in der arabischen Welt zu spielen, getroffen, und wir werden die WM in Katar ausrichten“, sagte Blatter.

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