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Die Furcht im Blick. Adrian Ramos traut sich im Moment nicht viel zu.

© dapd

Stürmer mit Ladehemmung: Nichts geht bei Herthas Adrian Ramos

Hertha BSC braucht Stürmer Adrian Ramos im Abstiegskampf, auch wenn der zurzeit oft die falsche Entscheidung trifft. Immerhin kommt jetzt sein liebster Vorlagengeber Raffael zurück.

Wertfrei betrachtet ist ein Fußballspiel eine Aneinanderreihung von nahezu unendlich vielen Momenten. Aber es gibt eben auch Momente, die wichtiger sind als andere, die nicht nur ein Spiel prägen können, sondern auch weit darüber hinaus reichen. Vielleicht haben die knapp 37.000 Zuschauer im Olympiastadion am Samstagnachmittag um kurz nach vier einen solchen Moment erlebt; einen, von dem die Leute in drei Monaten sagen werden: Das war der Knackpunkt. Denn wenn man die Stimmung richtig deutet, gehen die Fans von Hertha BSC längst vom Schlimmsten aus.

Es war kurz vor der Pause im Spiel gegen Hannover 96, als sich vieles zum Guten hätte wenden können. Adrian Ramos hatte nur noch Hannovers Torhüter Ron- Robert Zieler vor sich, doch anstatt den Abschluss zu suchen, spielte Ramos den Ball in die Mitte. Der Pass hatte so wenig Drive, dass Pierre-Michel Lasogga ihn nur mit Mühe unter Kontrolle brachte. Sein Schuss wurde geblockt, Herthas Stürmer setzte nach – im letzten Moment aber rettete Hannovers Innenverteidiger Christopher Avevor. Herthas beste Chance war vertan. „Er muss den Pass einfach fester spielen“, sagte Trainer Michael Skibbe über die missglückte Vorlage von Adrian Ramos. Noch besser wäre es gewesen, er hätte den Ball selbst aufs Tor geschossen.

Altruismus zählt nicht unbedingt zu den wichtigsten Eigenschaften eines Stürmers. Im Gegenteil. Ohne ein bisschen Egoismus funktioniert es nicht. Doch dass Ramos seinen Kollegen Lasogga in Szene zu setzen versuchte, war weniger Ausdruck seines ausgeprägten Gemeinsinns. Es schien eher so, als scheute der Kolumbianer die Verantwortung. Ramos fehlte einfach die Überzeugung. Nach seinen jüngsten Auftritten ist das keine allzu große Überraschung.

Ramos ist zum Gesicht von Herthas Krise geworden

„Insgesamt wirkt’s ein bisschen unglücklich“, sagte Michael Skibbe. „Es ist schon auffällig, dass gute Aktionen bei Adrian mit schlechten einhergehen.“ Im Heimspiel gegen den HSV vor einer Woche hatte Herthas Trainer den Kolumbianer in den letzten 20, 25 Minuten „richtig stark“ gesehen; gegen Hannover aber wirkte Ramos nicht nur in der Szene vor der Pause ziemlich unpässlich. Dazu passte auch, dass er sich eine Prellung der Halswirbelsäule zuzog. Die Verletzung könnte Ramos’ Einsatz am Mittwoch im DFB-Pokal gegen Borussia Mönchengladbach gefährden. Viele Hertha-Fans fragen sich allerdings, ob das wirklich eine schlechte Nachricht ist.

Adrian Ramos ist ein bisschen zum Gesicht für Herthas Krise geworden. Woran es liegt? „Schwer zu sagen“, sagt Skibbe. Die eisigen Temperaturen alleine, unter denen Südamerikaner angeblich ein bisschen mehr leiden als ihre mitteleuropäischen Kollegen, können es nicht sein. Schon im Trainingslager in der Türkei, bei weit angenehmerem Wetter, blieb Ramos deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück. In den Test- und Trainingsspielen brachte er kaum einmal einen Pass an den eigenen Mann; als Kombinationsspieler eignet er sich nur bedingt. Trotzdem ist der 26-Jährige bei Hertha ein wichtiger Faktor für das Projekt Klassenerhalt. Ohne seine Tore wird das Unterfangen noch ein bisschen komplizierter.

Ramos war schon in der Abstiegssaison Herthas bester Torschütze; er war es auch im Jahr des Aufstiegs – was im Wirbel um den jungen Pierre-Michel Lasogga ein bisschen untergegangen ist. In dieser Saison hat der Kolumbianer erst vier Treffer erzielt. Das liegt auch an der Rolle, die er besetzen muss. Ramos ist stärker, wenn er in der Spitze spielt, wenn der Weg zum Tor nicht allzu lang ist. Zuletzt aber fand er sich in einer zurückgezogenen Position wieder. Herthas Hoffnungen ruhen nun auf dem Brasilianer Raffael, der am Mittwoch wieder spielen darf. „Die ganze Mannschaft profitiert von seinen Ideen, seiner Erfahrung, seiner Kreativität im Abschluss und seiner Vorbereitungsfähigkeit“, sagt Skibbe. Für Adrian Ramos gilt das in besonderem Maße. Von seinen vier Saisontoren hat Raffael vier vorbereitet.

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