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Sport: Stürmer, Mittelfeldspieler, Libero

Jan Koller kämpft sich mit Borussia Dortmund erst einmal aus der Krise

Berlin - Manchmal ist es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn man sich in der Hauptverkehrssprache nur rudimentär ausdrücken kann. Der Tscheche Jan Koller, seit drei Jahren Angestellter des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund, spricht inzwischen recht passabel Deutsch, aber gelegentlich ignoriert er immer noch die Gesetze von Satzbau und Grammatik: „Heute schwere Arbeit“, hat Koller nach dem 1:0 bei Hertha BSC gesagt. Präziser aber hätte er seinen eigenen Auftritt kaum beschreiben können.

„Unglaublich gut“ hatte Borussias Trainer Bert van Marwijk den Tschechen erlebt. „Er war ein Vorbild.“ Sportdirektor Michael Zorc lobte Koller für „eines seiner besten Spiele im Trikot von Borussia Dortmund: Erst hat er als Stürmer das 1:0 geschossen, dann im defensiven Mittelfeld ausgeholfen, und zum Schluss war er Libero.“ In den letzten Minuten tauschten Koller und sein Gegenspieler Alexander Madlung ihre traditionellen Rollen: Der Stürmer Koller bewachte den Verteidiger Madlung. „Der Dino hat wirklich viel weggeholt“, sagte der gelernte Abwehrspieler Christian Wörns. Mit ihren hohen Bällen in die Mitte bereiteten die Berliner dem 2,02 Meter langen Koller allerdings auch keine allzu großen Probleme bei der ungewohnten Defensivarbeit.

Koller war mit seinem Einsatz stilbildend für das Spiel der Borussen. Immer noch verfügt der Kader über außergewöhnliche spielerische Qualität, doch angesichts der tiefen Krise des Klubs besannen sich die Schönspieler vor allem auf das kämpferische Element. Fast 60 Prozent der Zweikämpfe hatte der BVB gewonnen. „Die Mannschaft hat richtig Charakter gezeigt“, sagte van Marwijk.

In erster Linie galt das für Jan Koller. Reinhard Rauball bescheinigte dem Tschechen „das beste Spiel, das er je für Borussia Dortmund gemacht hat“. Der künftige Präsident des BVB führte damit zumindest sprachlich den Gigantismus seines Vorgängers Gerd Niebaum fort, der dem Klub einen Schuldenstand von 119 Millionen Euro eingebracht hat. Rauball hatte „eine gigantische Reaktion“ der Mannschaft gesehen. Vor allem hatte der zweite Saisonsieg zu einer gigantischen Erleichterung geführt. Wie drei Tage zuvor weigerten sich die Fans lange, das Stadion zu verlassen. Am Samstag hatten sie die eigenen Spieler noch beschimpft. „Ich hatte das Gefühl, dass wir nicht mehr viele Freunde in Deutschland haben“, sagte van Marwijk. „Die Fans hatten ein bisschen das Vertrauen in den Verein verloren.“ Diesmal aber sangen die Anhänger noch eine Stunde nach dem Schlusspfiff.

Trotzdem bleibt die Sorge der Fans, dass dem finanziellen Absturz ein sportlicher folgen könnte. Völlig unbegründet war diese Sorge zuletzt nicht. „Wenn du jeden Tag hörst, welche Probleme der Verein hat – das ist nicht angenehm“, sagte Tomas Rosicky. Seit sieben Spielen hatten die Borussen nicht gewonnen, mit dem Sieg in Berlin haben sie wenigstens den schlimmsten Absturz verhindert. Der ambitionierte Klub aber hat immer noch andere Ansprüche. „Das kann nur ein Anfang gewesen sein“, sagte Rauball.

Die große Versöhnung mit den Fans jedenfalls steht noch aus. Nach Berlin waren mitten in der Woche 2000 Allwetterfans mitgereist, am Samstag werden wieder 80 000 Zuschauer im Westfalenstadion sitzen, deren einziger Anspruch es ist, unterhalten zu werden und die immer noch auf den ersten Heimsieg in dieser Saison warten. Vielleicht ist es für die Dortmunder zurzeit leichter, auswärts zu spielen als zu Hause. „Das werden wir am Samstag sehen“, sagte Tomas Rosicky.

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