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Sport: Stürmer sucht Stürmer

Dieter Hoeneß hat viele Angreifer zu Hertha geholt – ein Volltreffer wie Michael Preetz war nicht dabei

Berlin - Dieter Hoeneß läuft die Zeit davon. Der Manager von Hertha BSC muss bis Mittwoch, 24 Uhr, einen neuen Stürmer präsentieren. Dann schließt die Wechselfrist für Fußballspieler in der Bundesliga. Sollte Dieter Hoeneß keine echte Verstärkung präsentieren können, wird es dem Verein schwer fallen, das selbst gesteckte Saisonziel, einen Uefa-Cup-Platz, zu erfüllen.

Dieter Hoeneß ist in keiner beneidenswerten Situation. Von ihm wird Bewegung in einer Personalie erwartet, die sich der Verein eigentlich gar nicht leisten kann. Der Klub ist stark verschuldet. Hertha drücken allein 18 Millionen Euro kurzfristige Verbindlichkeiten.

Die Gründe hierfür sind vielfältig, zum Teil aber auch hausgemacht, quasi eine Art späte Rache für die Einkaufspolitik der vergangenen Jahre. Die Trefferquote bei den zahlreichen Transfers seit dem Wiederaufstieg im Jahr 1997 ist wechselhaft. Allein seit der Saison 1999/2000 hat Hertha 39 Spieler eingekauft. Nur ein Drittel davon hat sich bewährt und spielt heute noch bei den Berlinern. Zudem konnte Hertha nur für Sebastian Deisler, der den Verein im Sommer 2002 verließ, eine nennenswerte Ablösesumme verbuchen. Allein für den Kauf von Stürmern wurde viel Geld verbrannt. Selbst Angreifer wie Luizao oder Fredi Bobic, die ablösefrei nach Berlin gekommen waren, kosteten den Verein etliche Millionen Euro an Gehalt.

In der Endphase der vergangenen Saison war der ehemalige Auswahlstürmer Hoeneß mit einer vollmundigen Ankündigung in die Offensive gegangen. Man suche einen Stürmer, der zehn bis fünfzehn Tore pro Saison garantiert. Mittlerweile hat sich das Anforderungsprofil verändert. „Wir holen nur einen Stürmer, wenn er besser ist als die, die wir haben“, hatte Hoeneß zuletzt gesagt. Gerade das sollte nicht so schwer fallen. Die Torgefährlichkeit des vorhandenen Stürmerpersonals ist nicht gerade atemraubend. In der vergangenen Saison erzielten Herthas Stürmer zusammen zehn Tore. In der laufenden Saison trafen Artur Wichniarek und Nando Rafael jeweils einmal.

Was waren das noch für Zeiten, als das Problem für Herthas Trainer lediglich darin bestand, dass sich Michael Preetz und Ali Daei vom Stürmertypus her zu sehr ähnelten. Sie waren beide so genannte Strafraumstürmer. Sie waren kopfballstark und hatten nahezu identische Laufwege. Damals ging es in erster Linie darum, welcher Stürmer besser zum gesetzten Michael Preetz passt: Ali Daei oder doch Alex Alves?

Aber auch die jüngere Vergangenheit holt Hertha ein. Hätte die Mannschaft an den letzten beiden Spieltagen der vergangenen Saison gegen Mönchengladbach und Hannover auch nur ein einziges Törchen geschossen, wäre sie Dritter geworden. Bei einer erfolgreichen Qualifikation zur Champions League wären erhebliche Mehreinnahmen möglich gewesen. Zumindest hätte Hertha mit den zu erwartenden Millionen den fehlenden Killerinstinkt von außen zukaufen können.

„Im Moment haben wir das Problem, dass wir nicht in der Lage sind, so zu agieren, wie wir wollten. Wir haben die zehn Millionen Euro nicht, um einen richtigen Kracher zu holen“, hatte Dieter Hoeneß am Sonntag gesagt. Hertha steht unter dem Zwang, einen Stürmer zu verpflichten, der sofort hilft und nicht erst einen Reifeprozess durchlaufen muss. Im Grunde genommen hat Hertha weder Geld noch Zeit.

Allerdings müssen gute Stürmer nicht teuer sein. Als da wären Ivan Klasnic, Marek Mintal oder Halil Altintop. Alle drei zählen zu den erfolgreichsten Stürmern der Liga, und sie sind im besten Alter: Altintop ist gerade 22 Jahre alt, Klasnic 25 und Mintal 27. Der Kroate Klasnic etwa ging 2001 ablösefrei von St. Pauli nach Bremen. In der vergangenen Saison erzielte er zehn Tore selbst und bereitete acht weitere vor. Sein Marktwert heute wird auf acht Millionen Euro taxiert. Oder Mintal. Für den Slowaken, der in der vergangenen Saison mit 24 Treffern Torschützenkönig wurde, bezahlte der 1. FC Nürnberg vor zwei Jahren 150 000 Euro an MSK Zilina, das Zigfache der Summe würde er heute kosten. Oder Halil Altintop, der mit sechs Treffern die Torschützenliste der laufenden Saison anführt. Vor zwei Jahren kaufte der 1. FC Kaiserslautern den Stürmer von der SG Wattenscheid 09 für 800 000 Euro ein. Im kommenden Sommer läuft sein Vertrag bei den Pfälzern aus, er wäre dann ablösefrei zu haben.

Gestern konnte Dieter Hoeneß keinen neuen Stand vermelden. „Der Stand ist der, dass wir drei Optionen haben“, sagte Hoeneß. Neben dem Brasilianer Anderson Costa von Vasco da Gama soll weiterhin Marko Pantelic von Roter Stern Belgrad im Rennen sein. „Wir müssen abwägen“, sagt Hoeneß, „es geht um finanzielle Dinge.“ Die Gespräche, die jetzt noch zu führen sind, wird der Manager vom Schreibtisch aus führen. Hoeneß: „Ich werde mir jedenfalls keine Spieler mehr ansehen.“

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