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Sport: Stunden beim Staatsanwalt

Bayers Ex-Manager Reiner Calmund ist nach seiner Vernehmung „erleichtert“, seine Anwälte halten die Vorwürfe für entkräftet, die Justiz widerspricht

Reiner Calmund nahm den Hinterausgang, als er gestern gegen 17 Uhr das Gebäude der Kölner Staatsanwaltschaft verließ. Sieben Stunden hatte der frühere Manager des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen bei der Staatsanwaltschaft verbracht. „Ich hatte starkes Magenkribbeln. Mit fast sechzig Jahren musste ich zum ersten Mal in meinem Leben als Beschuldigter zum Staatsanwalt“, sagte Calmund später dem Tagesspiegel. Und: „Das war für mich wie ein Champions-League-Spiel. Ich bin jetzt sehr erleichtert.“

Ansonsten überließ der sonst so gesprächige Calmund das Wort seinen Anwälten. Die teilten mit: „Nach der heutigen Vernehmung sehen wir den öffentlich immer wieder verbreiteten Vorwurf der Manipulation von Bundesligaspielen als ausgeräumt an. Herr Calmund hat ausführlich alle Vorgänge zur Beschaffung von Optionen für neue Spieler (...) erläutert. Er hat ferner die abwegigen Manipulationsvorwürfe nachhaltig entkräftet.“ Calmunds Anwälte „gehen davon aus, dass Bayer 04 die Legende der Spielmanipulation mit der gleichen Klarheit wie Herr Calmund in der Öffentlichkeit zurückweist“. Von Bayer Leverkusen kam allerdings dazu gestern kein Kommentar.

Günther Feld, Sprecher der Staatsanwaltschaft, widersprach der Darstellung von Calmunds Anwälten, die Vorwürfe seien entkräftet: „Davon kann keine Rede sein“, sagte er am Abend der „Kölnischen Rundschau“. Die Ermittlungen gingen weiter. Schon vor Calmunds Vernehmung hatte Feld allerdings erklärt, dass es 2003 nach aktuellen Erkenntnissen keine Manipulation beim Spiel Leverkusen gegen Bielefeld gegeben habe. Über eine solche Manipulation war spekuliert worden. Feld sagte: „Das hat sich als Gerücht herausgestellt.“ Bei einer weiteren Partie sieht es anders aus. „Da geht es über ein Gerücht hinaus, es gibt einen Anfangsverdacht“, sagte Feld. Möglicherweise handelt es sich um das Spiel Leverkusen – 1860 München (3:0). Calmund hatte 580 000 Euro aus der Bayer-Kasse genommen und sie eigener Aussage zufolge an den Bielefelder Spielervermittler Volker Graul weitergegeben. Dafür gibt es aber keine Unterlagen. Die Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass das Geld für Spielmanipulationen verwendet worden sein könnte.

Wie Feld dem Tagesspiegel bestätigte, werden „sicher auch diejenigen Personen vernommen“, die laut „Spiegel“ seit November 2003 angebliche Andeutungen Calmunds kannten, das Spiel gegen 1860 München sei manipuliert und so Leverkusens Abstieg verhindert worden. Dabei handelt es sich um die Mitglieder des Gesellschafterausschusses des Klubs, unter ihnen der Vorsitzende Klaus Beck und Meinolf Sprink, Sportbeauftragter des Konzerns. Wahrscheinlich müssen diese Ohrenzeugen dann auch erklären, warum der Klub seinen Sponsoren von 2004 an ein Sonderkündigungsrecht einräumte für den Fall, dass Manipulationsvorwürfe bekannt werden. „Dies haben wir aus reiner Vorsorge gemacht“, sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Auch Spieler von 1860 München, die Calmund genannt haben soll, dürften laut Feld vernommen werden.

Juristisch strafbar ist eine Spielmanipulation nicht. „Das unterliegt der Sportgerichtsbarkeit“, sagte Feld. Der Deutsche Fußball-Bund wartet die Ermittlungen ab. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, können die Spieler juristisch nur wegen „Beihilfe zur Untreue“ belangt werden.

Spannend ist, wie es nun bei Bayer Leverkusen weitergeht: Die Tatsache, dass erst das Schreiben der Bayer AG vom 9. März 2006 „die Dynamik in Richtung Spielmanipulation“ beschleunigte, wie Feld bestätigte, wird Bayers Sportdirektor Rudi Völler, einen Intimus Calmunds, nicht erfreuen. Schon die Presseerklärungen des Klubs, die Holzhäuser nach ersten Vorwürfen initiierte, gefielen Völler nicht. Das Verhältnis zwischen Holzhäuser und Völler ist zerrüttet, einer von beiden wird den Klub wohl bald verlassen.

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