zum Hauptinhalt
Augen auf! Tunay Torun (hier im Kopfballduell mit Bremens Florian Harthertz) konnte bei Hertha noch nicht überzeugen.

© dapd

Sturmmisere: Herthas Schwäche vorne fängt weit hinten an

Ganze zwei Treffer nach der Winterpause - Hertha BSC hat große Probleme mit dem Toreschießen. Das liegt auch an der nahezu kollektiven Harmlosigkeit des offensiven Mittelfelds.

Manfred Burgsmüller wird Hertha BSC definitiv nicht helfen können. Otto Rehhagel hat den Namen am Wochenende ins Spiel gebracht, aber Manfred Burgsmüller ist kurz vor Weihnachten 62 geworden. Herthas Trainer hat trotzdem kurz in Erinnerungen geschwelgt – an die gemeinsame Zeit in Bremen, als Burgsmüller schon stramm auf die 40 zuging und trotzdem noch einer der erfolgreichsten Stürmer der Fußball-Bundesliga war. „Entweder du bist Torjäger, oder du bist keiner“, sagt Rehhagel.

Jemanden wie Burgsmüller könnte Hertha jetzt brauchen, einen, der vor dem Tor einfach das tut, was zu tun ist. „Bei Burgsmüller hast du immer gedacht, der Ball muss jetzt rein“, erinnert sich Rehhagel. So war es dann auch. Bei Hertha aber, seinem aktuellen Arbeitgeber, vermisst der 73-Jährige genau diese Qualität. Im Berliner Spiel lassen sich im Moment jede Menge Defizite ausmachen; die auffälligste ist die Schwäche im Sturm. In den acht Rückrundenspielen hat die Mannschaft ganze zwei Tore geschossen.

Am Samstag, beim 0:1 in Köln, hatte Hertha zumindest in der Schlussphase genügend Chancen, um zumindest den Ausgleich zu erzielen. Raffael traf einmal den Pfosten, scheiterte dazu mit einem Schuss aufs kurze Eck an Torhüter Michael Rensing. Die beste Gelegenheit aber vergab der eingewechselte Änis Ben-Hatira, der freistehend vor dem Tor das Außennetz traf. „Wenn man so einen Aufwand betreibt, muss man die Kirsche auch mal reinhauen“, sagte Verteidiger Christian Lell.

Adrian Ramos steckt seit Wochen in einer Formkrise

Ben-Hatira hatte bei seiner Großchance zwei Möglichkeiten: Er konnte den Ball aufs Tor schießen oder einen seiner beiden Kollegen in der Mitte anspielen. Er entschied sich für die schlechtere Variante. „Wir müssen sehen, dass wir vor dem Tor ruhiger sind“, sagt Rehhagel. „Das ist eine Qualität, die man einfach haben muss. Wir haben sie nicht.“ Herthas Trainer ist auch bei der Frage, wer im Sturm spielen soll, immer noch ein Suchender: Gegen Augsburg versuchte er es mit zwei Angreifern (Pierre-Michel Lasogga und Adrian Ramos), gegen Bremen mit Ramos allein, gegen Köln mit Lasogga, der dann zur zweiten Hälfte durch Ramos ersetzt wurde.

Der Kolumbianer ist im Moment alles andere als eine Hilfe. Seit Wochen schon läuft Ramos seiner Form hinterher, 710 Spielminuten wartet er inzwischen auf ein Tor. Lasogga hat in der Rückrunde wenigstens einmal getroffen, zudem gibt es an seinem Eifer nichts zu bemängeln. „Der Pierre ist jung, er ist ehrgeizig und ein feiner Kerl“, sagt Rehhagel. „Aber für die Torjägerkanone reicht es noch nicht.“

Solche Aussagen lenken allerdings ein wenig vom eigentlichen Problem der Berliner ab. Ihre Abschlussschwäche fängt nicht im Sturm an, sondern im offensiven Mittelfeld, und das zeichnet sich bei Hertha durch nahezu kollektive Harmlosigkeit aus. Einzige Ausnahme ist der Brasilianer Raffael, der in dieser Saison fünf Tore geschossen und sechs vorbereitet hat. Bei allen anderen sind die Werte dramatisch schlecht. Patrick Ebert und Änis Ben-Hatira kommen auf null Tore und je zwei Vorlagen, Nikita Rukaytsya hat ein Tor erzielt, eins vorbereitet, Tunay Torun zwei geschossen und keins vorbereitet, und Ronny war noch an überhaupt keinem Treffer beteiligt.

Als Hertha gegen Köln noch nicht in Überzahl spielte, machte sich der Mangel an Kreativität deutlich bemerkbar. Alle drei Torgelegenheiten vor der Pause resultierten aus Flanken aus dem Halbfeld. Weder Rukavytsya noch Torun trugen irgendetwas zum Gelingen bei. Erst in der zweiten Hälfte wurde Hertha dominanter, weil Raffael mehr Präsenz zeigte, die Bälle forderte und das Spiel der Berliner zu strukturieren versuchte. Ein Spieler wie Raffael kann im Abstiegskampf für Hertha den Unterschied ausmachen. Er darf nur nicht erst nach der Pause damit anfangen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false