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Sport: Stuttgarter Schnauze

Der eigenwillige Schwabe Fredi Bobic schießt für Hannover Tor um Tor – auch heute gegen Hertha?

Stuttgart. Irgendeinen Ausdruck wird es in der Psychologie für Menschen wie Fredi Bobic geben. Ein einziges Wort aber genügt im Grunde nicht, um ihn zu erklären. Er ist nicht nur der Narziss, der gerne vorne im Rampenlicht steht. Vielleicht macht ihn eine Mischung aus Selbstvertrauen, einer Prise Lebensfreude, Leidenschaft und Realitätssinn aus. „Fredi fühlt sich bei uns wohl, weil sein Wort etwas in der Mannschaft zählt“, sagt sein Trainer Ralf Rangnick. Der Angreifer wird gebraucht bei Hannover 96, dem heutigen Gegner von Hertha BSC im Berliner Olympiastadion (15.30 Uhr). In diesem Punkt ist Bobic wohl so normal wie alle anderen. Nebenrollen mag er nicht gerne, Hauptrollen sind ihm lieber. Und der Stürmer ist nicht der Meinung, alles, was ihm passiert ist in seiner Karriere, sei nur Zufall oder Glück. Bobic meint, seinen Teil dazu beigetragen zu haben. Und damit hat er nicht Unrecht.

Trotzdem hat kaum einer mehr Spaß an seiner Rückkehr in die Bundesliga und Nationalelf als er selbst. Schließlich war Bobic bereits aus dem großen Geschäft verschwunden. Abgeschoben aus Dortmund zum Abstiegskandidaten Bolton Wanderers nach England. Es hätte das Ende sein können. Hoch bezahlt – und gescheitert in einer Mannschaft voller Stars, zu denen er so gerne selbst gehört hätte. Gescheitert. Ein Klischee, das er für sich nie akzeptierte. „Das hätte bedeutet, es ist alles vorbei. Dieses Gefühl hatte ich nie.“

Die neue Anerkennung

Nun genießt er die neue Anerkennung und hat dabei nicht das Gefühl, er dürfe das nicht. Weder, wenn es um die Schlagzeilen seiner Rückkehr in die DFB-Auswahl geht, noch bei der Wahl zum „Fußballer des Jahres“ in Niedersachsen. Zu wenig in seinem Verhalten passiert auf der Grundlage von Berechnung und Kalkül. Der Sohn slowenischer Eltern, die in Stuttgart leben und während eines Urlaubs in Maribor ihren kleinen Fredi bekamen, hilft bei manchen Schlagzeilen gerne nach. Aber nur kickender Popstar? Mit diesem Urteil täte man ihm Unrecht. 14 Tore in der Bundesliga in nur 23 Spielen schießt keiner, der nur eine große Klappe oder eine einfallsreiche PR-Abteilung besitzt.

Was aber ist mit der CD, die er einst mit den Kollegen Poschner und Haber als „tragisches Dreieck“ aufnahm? Was mit seiner Medienpräsenz durch einfallsreiche Berater? Hinter allem steckt auch eine Spur Selbstironie und die Gewissheit, im Geschäft Profifußball mitspielen zu müssen durch eine Internetseite und eine Portion Abgeklärtheit. „Es gibt einige, die sagen, der Bobic ist ein Blinder, der kann gar nichts. Ich habe in meiner Karriere nie alle überzeugen können.“

In Stuttgart, am Anfang seiner Karriere, fanden einige, er sei ein Quertreiber, der zu allem etwas zu sagen hat und besser manchmal still gewesen wäre. „In Stuttgart habe ich mich oft eingemischt, das wurde mir negativ ausgelegt“, sagt der Stürmer von Hannover 96. „Wenn mir etwas nicht passt, spreche ich es an.“ Meinung äußern, das tat er auch in Dortmund und Hannover. Wer mit Bobic spricht, bekommt selten etwas Bedeutungsloses zu hören.

Im Stuttgarter Sonntagsblatt „Sonntag aktuell“ schreibt er Kolumnen. Immer mit einer Meinung, die nicht jeder akzeptiert, und so wird ihm manches als Großmäuligkeit ausgelegt. Einfach will Bobic nicht sein, und er ist es auch nicht. „In den Anfangswochen nach meiner Rückkehr hatte ich nicht immer das Gefühl alles richtig gemacht zu haben, jetzt kann ich das aber mit einem klaren Ja beantworten“, sagt er.

Nun wollen ihn wieder viele haben, Klubs aus der Bundesliga, für die er vor Monaten noch als zu teuer oder zu schwach eingestuft wurde. Hertha BSC hat bereits mit ihm gesprochen. Er erträgt die neue Begeisterung um seine Person mit Gelassenheit. „Ich bin keine Jungfrau mehr“, sagt er trocken. Zu viel hat er erlebt in den letzten Jahren. Gefeiert als Star in Stuttgart, am Ende in Dortmund belächelt und jetzt in Hannover wieder aufgestanden. Vielleicht hat gerade diese Achterbahn des sportlichen Lebens Fredi Bobic gut getan.

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