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© dpa

Stuttgarts Coach Babbel: ''Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist eins vor zwölf''

Stuttgarts Coach Babbel über Kopfprobleme und Willensschulungen vor dem Spiel gegen Schalke.

Herr Babbel, es heißt, Sie planen im Spiel gegen Schalke eine System-Änderung: statt zwei defensiven Mittelfeldspielern wieder eine Mittelfeldraute mit einem Spielmacher.



Das System spielt momentan nicht die entscheidende Rolle.

Sondern?

Jedes System muss mit Leben gefüllt werden. So wie wir zuletzt gespielt haben, hätte ich mit sieben Manndeckern spielen lassen können, wir hätten trotzdem Tore kassiert. Wir müssen hier nicht um den heißen Brei herum reden, fest steht: Wir brauchen Ergebnisse, und ich brauche Ergebnisse.

Das klingt nach Krise, in der sich der Trainer nicht mehr ganz so sicher fühlen darf.

Ich will ihnen was sagen: Verlieren nervt mich. Nicht, weil ich um meinen Job Angst habe, sondern grundsätzlich. Aber ich habe mich nie davongestohlen, das werde ich auch jetzt nicht tun. Ich stelle mich der Situation, das habe ich schon als Spieler so gemacht. Wenn wir beim FC Bayern gewonnen haben, wurden die Stars vors Mikro geholt. Wenn wir verloren hatten, war ich als Verteidiger dran.

Ihnen wird zum Vorwurf gemacht, dass Sie wegen Ihres Trainerlehrgangs in Köln zu oft in Stuttgart fehlen.

Statt nach Köln zu gehen, bin ich ja jetzt in Stuttgart geblieben, um intensiv mit der Mannschaft zu arbeiten. Den Stoff in Köln werde ich nachholen. Dort bin ich, was die Fehlzeiten angeht, schon an der Grenze.

Ihre Mannschaft wirkte zuletzt verunsichert, und einzelne Spieler wirkten überfordert.

Überfordert sicher nicht, aber vielleicht hat jeder etwas zu viel an sich gedacht. Einige hatten vielleicht im Unterbewusstsein, dass nächstes Jahr WM ist und sie vielleicht schlecht aussehen könnten, wenn sie in schwierige Zweikämpfe gehen. Sie dachten, es geht wie vergangene Saison einfach so weiter. Wir haben genau darauf im Training nun reagiert.

Und wie?

Indem wir ganz bewusst Willensschulung betrieben haben. Die Spieler mussten an ihre Grenzen gehen oder darüber hinaus.

Und wie erklären Sie sich die Angst, die Sie ausgemacht haben? Dass nach einem Führungstor plötzlich die Leistung abfiel?

Irgendwann muss ein Zeichen von der Mannschaft kommen. Ich habe gefragt: Wovor habt ihr Angst? Es muss doch das Ziel eines Profis sein, alle drei Tage zu spielen, statt im Wald umher zu rennen. Ich möchte gegen Schalke eine Mannschaft sehen, die gewinnen will und sich mit Freude rein hängt.

Nach der Heimniederlage gegen Köln haben Sie die Rotation für beendet erklärt und in den Spielen danach trotzdem weiter rotiert. Die Mannschaft hatte sich dagegen ausgesprochen.

Es war vielleicht ein Fehler, das Ende der Rotation so öffentlich anzukündigen. Dann verletzt sich einer oder einer ist außer Form und du bist zu Änderungen gezwungen. Ich glaube nach wie vor an die Vorteile der Rotation, die jedem die Chance zum Spielen gibt. Aber heute denke ich, wir hätten zuerst einer Stamm-Mannschaft die Gelegenheit geben sollen, Stabilität zu erlangen.

Gab es Reaktionen in ihrer Mannschaft auf die neuen Trainingsinhalte?

Ich habe den Jungs versucht zu vermitteln, dass sie mir vertrauen sollen. Jeder weiß hier, dass es nicht fünf vor zwölf ist, sondern eine Minute vor zwölf.

Und die Reaktionen?

Ich habe Leidenschaft, Einsatz, Aggression und den Willen gesehen, sich durchzusetzen. Wir haben auf Kleinigkeiten geachtet und nichts durchgehen lassen.

Ist das auch ein Kampf gegen Bequemlichkeit?

Wenn Sie so wollen, ja. Das ist auch ein Problem des Kopfes. Wir müssen als Mannschaft zusammenfinden. Aber ich glaube an unsere Spieler.

Werden nun das Spiel gegen Schalke am Samstag und das am kommenden Dienstag gegen Sevilla in der Champions League zu Schlüsselpartien?

Die sind nicht wichtiger als die davor. Aber sie haben in der Außendarstellung eine extrem große Bedeutung. Keiner ist mit der Situation zufrieden. Aber ich sehe das als Herausforderung. Fest steht, wir konnten die Länderspielpause nutzen. Wenn du alle drei Tage ein Spiel hast, fehlen die Möglichkeiten einzugreifen.

Das Gespräch führte Oliver Trust.

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