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Stuttgarts Torwart: Jens Lehmann scheint bereit zu bleiben

Trotz aller Eskapaden will der VfB Stuttgart seinen erfahrenen Torhüter halten – Jens Lehmann freundet sich schon damit an.

In Stuttgart hat man die Frage längst geklärt, die Jens Lehmann auf das Cover einer Biografie drucken lässt, die im April erscheinen soll und die da lautet: „Warum eigentlich ich?“ In den vergangenen Tagen gab es kaum einen Vertreter des VfB Stuttgart, der dem ehemaligen Nationaltorwart nicht signalisiert hat, dass er am Neckar neben fürstlichem Salär besondere Nestwärme erwarten kann. Arm an Führungsspielern, braucht der VfB einen streitbaren Geist wie ihn und seinen zu Markte getragenen Ehrgeiz. Dafür ist man auch bereit, seine Launen zu ertragen, die ihm wie zuletzt nach öffentlicher Kritik an Teamkollegen eine Geldstrafe in Höhe von 12 000 Euro einbrachten, die er ohne Murren beglich.

Inzwischen scheint Lehmann bereit zu sein, ein weiteres Jahr in Stuttgart zu bleiben, was vor kurzem noch als ausgeschlossen galt. Man habe in St. Petersburg am Rande des Uefa-Cup-Hinspiels gegen Zenit ein gutes Gespräch geführt, berichtete Manager Horst Heldt. Vielleicht hat Stuttgarts Optimismus trotz des Ausfalls von Ludovic Magnin vor dem heutigen Rückspiel gegen Titelverteidiger St. Petersburg (20.45 Uhr, live in der ARD) auch mit Lehmanns positiven Signalen zu tun.

Es war ja schon seltsam: Stuttgarts Manager Heldt und Teamchef Markus Babbel hatten Lehmann sogar verteidigt, als alle nur noch den Kopf über ihn schüttelten – weil Lehmann den von Hoffenheims Sejad Salihovic verlorenen Schuh aufsammelte und auf sein Tornetz warf. Schließlich gab Torjäger Mario Gomez eine Art Ehrenerklärung für den 39 Jahre alten Lehmann ab. „Jens macht nie etwas Dreckiges, tut nie etwas verdeckt, sondern immer für alle erkennbar. Einige attackieren ihn für solche Aktionen, andere lieben ihn“, sagte er. Lehmann genießt die Huldigungen, auch wenn er sich für seine letzte Karrierestation mehr sportliche Klasse gewünscht hätte. Er arrangiert sich mit den Gegebenheiten, die für ihn bedeuten, zwischen Stuttgart und dem Wohnort seiner Familie am Starnberger See zu pendeln. Im noblen Stadtviertel am Killesberg hat Lehmann eine Wohnung angemietet. Inzwischen wird sein Auto zwischen Stuttgart und München von einem Chauffeur gesteuert. Zwei-, dreimal hatte der Torwart sogar einen Hubschrauber gechartert, was ihm neben Zeitersparnis viel Spott einbrachte. Doch offenbar begünstigen unerfüllte sportliche Erwartungen und die räumliche Trennung von der Familie schlechte Laune und Ausraster. Während sein Konkurrent Oliver Kahn gegen Karriereende altersmilde wurde, attackiert Lehmann Schiedsrichter, Trainer und Mitspieler. In der Öffentlichkeit erntet er dafür Unverständnis.

Zurzeit scheint es für ihn nur zwei Möglichkeiten zu geben: Im Sommer die Karriere zu beenden oder beim VfB Stuttgart zu verlängern. Einer der Gründe für Lehmanns Bereitschaft, länger zu bleiben, ist wohl auch das Versprechen des Klubs, man werde das meiste Geld der zu erwartenden 30 Millionen Euro aus einem Transfer von Mario Gomez wieder in die Mannschaft investieren. Vom Nationalstürmer wird erwartet, dass er nach dieser Saison dem Lockruf eines namhaften europäischen Vereins erliegen könnte. Gomez ist derzeit der einzige VfB-Profi, der neben Lehmann einen ähnlichen Ehrgeiz entwickelt und die beeindruckende Torquote von 22 Treffern in 29 Spielen vorweist. Geht er, könnte Gomez zwar nicht mehr mit Toren helfen, aber mit den für ihn gezahlten Millionen die Zukunft von Jens Lehmann beeinflussen.

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