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Sumo: Die Hände zum Himmel

Sumo fasziniert die Zuschauer bei den World Games. Die 16 besten Sumoringer in jeder Gewichtsklasse kämpfen in Kaohsiung um die größten Titel, die es in ihrer Sportart für Amateure zu vergeben gibt. Das wollen sich 1500 Zuschauer ansehen.

Sumo kann ganz leicht sein, 65 Kilogramm, so viel wiegt Nicole Niemeier. „Eine Woche habe ich fast nichts gegessen“, sagt die 30-Jährige. Dafür darf sie bei den World Games in Kaohsiung noch bei den Leichtgewichten starten. In einem schwarzen Sportanzug kämpft sie um die Bronzemedaille, ihre Gegnerin Nelli Worobjewa aus Russland trägt einen ähnlichen Anzug, einen, wie ihn auch Gewichtheberinnen anhaben oder Ringerinnen. Beide verhaken sich ineinander, sie versuchen einen Griff anzubringen, um sich zu Boden zu schleudern oder sich gegenseitig aus dem Ring zu drücken, dann wäre der Kampf entschieden. Irgendwann kann sich Niemeier jedoch nicht mehr halten und kippt um.

Mit Platz vier ist sie aber die Erfolgreichste aus der deutschen Sumo-Mannschaft. Die besteht in Kaohsiung aus drei Frauen. Ein paar Minuten nach ihrer verpassten Medaille kann Niemeier schon wieder lachen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich so weit komme. Aber beim Sumo kann jeder jeden schlagen, weil jeder aus einer anderen Sportart kommt und etwas anderes mitbringt“, sagt sie. In Europa ist Sumo noch Zweitsport, Niemeier hat vor mehr als zwanzig Jahren mit Judo angefangen, sie kämpft für den Osnabrücker TB in der Bundesliga. Seit zehn Jahren ist sie auch Sumokämpferin, und als sie während ihres Geographiestudiums in Yokohama war, hat sie ihren neuen Sport von einer anderen Seite kennen gelernt.

Die 16 besten Sumoringer in jeder Gewichtsklasse kämpfen in Kaohsiung um die größten Titel, die es in ihrer Sportart für Amateure zu vergeben gibt. Das wollen sich 1500 Zuschauer ansehen. Der Jubel ist groß, als eine Kämpferin aus Taiwan eine Japanerin besiegt, also aus dem Mutterland des Sumo. Bei den World Games findet Sumo statt, weil die Sportart von Japan aus eine Weltreise angetreten hat. In Europa gibt es nun in 22 Ländern Sumokämpfer, aber keines davon hat einen Trainer wie Deutschland. Takeshi Sano war 16 Jahre Sumoprofi in Japan, als einer der ersten Mongolen war er nach Japan aufgebrochen, um dort in einer Sumoschule die Kunst des Kämpfens zu lernen. Mit seinen 107 Kilogramm bei einer Größe von 1,90 Meter wirkt er eher wie ein Samurai als ein Sumotori. Inzwischen ist der 35-Jährige verheiratet, Vater eines Kindes und lebt in Berlin. „Die Kämpfe hier haben meinen Ehrgeiz geweckt, wir haben noch nicht alles gezeigt, was wir können“, sagt er über seine deutschen Sportlerinnen. Er wird sie nun weiter mit Insiderwissen versorgen, denn schon ein paar Handgriffe können den Unterschied ausmachen. „90 Techniken gibt es“, sagt Niemeier.

Manche beherrschen nicht einmal die Techniken, die vor dem Kämpfen kommen, nämlich sich den Mawashi, den Kampfgürtel, richtig zu binden. Oder den Sonkyo, die Begrüßung, bei der die Arme mit den Handflächen nach oben ausgebreitet werden zum Zeichen an die Götter: Ich kämpfe unbewaffnet. „Manche wissen gar nicht, was das bedeutet“, sagt Takeshi Sanos Frau Od Howell, die Vizepräsidentin des Sumoverbands Deutschland.

Im Kampf versuchen dann einige, wie beim Judo ihre Gegner mit einem Fußfeger zu Fall zu bringen oder mit einem Wurf aufs Kreuz zu legen. Anderen ist anzusehen, dass sie Ringer sind. Aber es gibt auch echte Sumokämpfer, die aus Japan angereist sind, Kämpfer, die es in ihrem Land nicht zum Profi gebracht haben oder bringen wollten, weil damit viele Entbehrungen und ein strenges Leben verbunden sind. Wenn ihr Gegner sie wegdrücken will, bleiben sie meist stehen oder winden sich blitzschnell aus einem Klammergriff, um dann trotz ihrer Masse um ihren Gegner herumzutänzeln mit O-Beinen, durch die auch eine Wassermelone passen würde.

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