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Daniel Frahn ist jetzt wieder Babelsberger.

© Sebastian Gabsch/PNN

SV Babelsberg über Daniel Frahn: „Wichtig ist für uns, dass er kein Nazi ist“

Katharina Dahme, die Aufsichtsratschefin vom SV Babelsberg, spricht über den umstrittenen Transfer von Daniel Frahn - und erzählt warum sie an ihn glaubt.

Von David Joram

Katharina Dahme, 33, ist seit 2018 Aufsichstrartsvorsitzende des SV Babelsberg 03 und Mitglied der Linkspartei.

Frau Dahme, wird Daniel Frahn jetzt ein Linker?
Das weiß ich nicht, ob er ein Linker wird oder sein muss. Wichtig ist für uns, dass er kein Nazi ist. Und wir sind nach unseren Gesprächen mit ihm der Meinung, dass er selbst keine Nähe zu rechtem Gedankengut hat.

Bei seinem alten Klub, dem Drittligisten Chemnitzer FC, hat Frahn im März 2019 ein speziell in rechten Kreisen populäres T-Shirt mit der Aufschrift „Support your local Hools“ hochgehalten. Ein paar Monate später ist er, als er verletzt war und nicht spielen konnte, mit einem rechtsextremen Fan nach Halle gefahren und hat dort mit ihm das Auswärtsspiel geschaut. Sein Klub hat ihn wegen des Kontakts in die rechte Szene freigestellt. Wie passt dieser Spieler zum SV Babelsberg, dessen Fans politisch eher links orientiert sind?
Natürlich haben wir diese Vorfälle besprochen. Das Hochhalten des T-Shirts bezeichnete er als größten Fehler seines Lebens. Und natürlich fragen sich die Menschen, wie einem, der unter Beobachtung steht, das dann nochmal passieren kann.

Welche Erklärung hat Herr Frahn vorgebracht?
Wenn ich mir seine Version anhöre, klingt die anders, als ich sie bislang aus der medialen Berichterstattung kannte. Nichtsdestotrotz weiß ich natürlich nicht, welche am Ende stimmt.

Können Sie ein paar Details preisgeben?
Er sagt, er sei nur mit einer Person nach Halle gereist, nicht mit einer Fangruppe, und er habe diese Person auch nur flüchtig gekannt. Er habe nicht überprüft, wer im Stadion um ihn herumstehe. Die Frage, wie hoch seine Sensibilität dafür ist, kann ich nicht beantworten. Und falls er wusste, mit wem er sich dort aufhielt: Wie sehr störte es ihn? Von außen betrachtet kommt einem das komisch vor, das kann ich nachvollziehen. Dass er sich nunmehr, mit dem Wissen, mit wem er da offenbar im Stadion stand, von der Gruppe und deren Denken distanziert, ist ein wichtiger und entscheidender Schritt, dem glaubhaft weitere folgen müssen.

Wie lange haben Sie denn persönlich mit ihm gesprochen?
Ich hatte ein zweigeteiltes Gespräch. Erst eine Stunde mit Daniel Frahn, danach nochmal eineinhalb Stunden mit Frahn und VertreterInnen von Fangruppen.

Via Facebook haben Sie ein ausführliches Statement veröffentlicht, warum Sie hinter Frahns Verpflichtung stehen. Ein Nutzer kommentierte daraufhin: „Frahn ist dumm oder rechts. Es gibt da kein Dazwischen. Vielleicht noch ein ,klar, wer dumm ist, ist rechts – und umgekehrt’“. Welchen Eindruck haben Sie?

Er war immer schon ein Spieler, der die Nähe zu den Fans des jeweiligen Vereins gesucht hat. Und dem offenbar die Sensibilität fehlte, zu merken, wenn Fans Verbindungen in die rechte Szene haben. Aber ich will ihn da auch nicht aus der Verantwortung, sondern vielmehr beim Wort nehmen, dass sich das nicht wiederholt.

Welches Echo haben Sie außerhalb der sozialen Netzwerke von den Fans bekommen?
Als ich am Sonntag im Stadion war, habe ich auch viele Stimmen gehört, die seine Verpflichtung super finden; die sagen, sie würden ohnehin nicht glauben, dass er mit der rechten Szene in Chemnitz etwas zu tun hatte. Manche finden auch nicht entscheidend, was dort passiert ist. Es gibt da unterschiedlichste Meinungen, auch in der organisierten Fanszene. Und es gibt eben viele Anhänger, die große Probleme mit diesem Transfer haben, die sagen, dass damit ein enormer Glaubwürdigkeitsverlust für den Verein einhergehe. Für diese Position habe ich großes Verständnis, weil viele Fans jahrelang Kraft und Zeit in Projekte gesteckt haben, die den Verein ausmachen und die für das positive Image des Klubs verantwortlich sind. Diese Menschen haben jetzt das Gefühl, dass das mit einem Transfer alles eingerissen wird.

Die Fans von Chemie Leipzig haben beim Spiel am Sonntag gegen Frahn protestiert und unter anderem plakatiert: „Im Abstiegskampf ist jedes Mittel rechts.“ Wie hart treffen Sie solche Vorwürfe?
Mich trifft das nicht, wenn das von gegnerischen Fans kommt. Unsere Fans hätten vielleicht ähnlich reagiert, wenn ein anderer Verein Frahn verpflichtet hätte. Mir ist wichtig, dass die Leute in der eigenen Fanszene genau hinschauen. Mich trifft, wenn die uns unterstellen, dass wir uns die Entscheidung leicht gemacht hätten.
Die Szene von Chemie Leipzig gilt als politisch links, auch Klubs wie der FC St. Pauli. Gab es vor Frahns Verpflichtung einen Austausch mit diesen Vereinen?
Es gibt freundschaftliche Kontakte zwischen Chemie und Babelsberg, auch nach St. Pauli haben wir Verbindungen. Mit einzelnen Personen habe ich auch gesprochen.

Wie fiel das Echo aus?
Wie fast überall: Erstmal herrscht Unverständnis. Nach meinem Statement auf Facebook haben viele signalisiert, dass sie das Ganze schon besser nachvollziehen können, dass es eine schwierige und vielleicht auch mutige Entscheidung war. Und dass man jetzt sehen muss, wie sich Frahn weiterhin verhält. Alle machen deutlich: Jetzt muss von Frahn noch etwas mehr kommen – und diese Einschätzung teilen wir ja auch.

Fiel die Entscheidung, Frahn zu holen, beim SV Babelsberg einstimmig?
Im Aufsichtsrat waren die Rückmeldungen mehrheitlich positiv. Es gibt dort ein langjähriges, engagiertes Mitglied, das sich für Daniel Frahn verbürgt hat. Natürlich gab es auch Zweifel, jedoch keine prinzipielle Ablehnung, sondern die Bereitschaft ihn anzuhören.

Wie kam denn der Kontakt mit ihm überhaupt zustande?
Er hat von 2007 bis 2010 schon in Babelsberg gespielt und war sehr beliebt – so wie offenbar in vielen Vereinen, für die er gespielt hat. Es gibt nach wie vor viele Leute in Babelsberg – Sponsoren, Jugendtrainer, Fans -,die er schon seit seiner Jugend kennt.
Und über diese Kontakte wurde dann der Transfer eingefädelt?
Er hat schon im letzten Herbst bei uns angefragt, ob er sich bei uns fit halten könne – das war kurz nachdem ihm der Chemnitzer FC gekündigt hatte. Damals hat das der SVB-Vorstand ohne Diskussion sofort abgelehnt.
Im Dezember erklärte das Arbeitsgericht Chemnitz die fristlose Kündigung seitens des CFC dann für unrechtmäßig. Frahn habe sich nicht offenkundig rechtsradikal geäußert, lautete die Begründung.
Er hat dann im Januar mit der Mannschaft trainiert – und die hat schnell signalisiert, dass er für sie eine unheimliche Unterstützung ist.

Der SVB ist als Tabellenvorletzter stark abstiegsbedroht. Welche Rolle spielte die sportliche Situation bei diesem Transfer?
Auch wenn die sportliche Situation äußerst angespannt ist, wäre ein Transfer nicht in Frage gekommen, wenn wir denken würden, dass er ein Nazi ist oder rechtes Gedankengut vertritt. Wir tauschen unsere Werte, und dazu gehört der Kampf gegen Rassismus, nicht gegen den Klassenerhalt ein.

Hat er etwas darüber erzählt, wie er überhaupt in die rechten Kreise hineingeraten ist?

Wer Daniel Frahn kennt, berichtet, dass er bei jedem seiner Vereine die Nähe zu den lokalen Fangruppen sucht. Wie gesagt, im besten Fall fehlte ihm die Sensibilität dafür, dass es in Chemnitz Überschneidungen mit der rechten Szene gibt.

Wird Herr Frahn – um alle Zweifel zu beseitigen – nun aktiv in die Hilfe für Geflüchtete einsteigen?
Wir werden gemeinsam mit ihm und den Fans überlegen, was passt. Wir waren uns einig, dass wir keinen plakativen Schnellschuss machen wollen, der dann so wirkt, als wolle er sich von den Vorwürfen freikaufen. Es muss was von ihm kommen und zu ihm passen.

Wie hoch ist die Gefahr, dass der Verein seit dieser Entscheidung in zwei Teile zerbricht?
Zunächst wurde die Vorfreude vieler Fans auf die Rückrunde durch diesen Transfer getrübt, weil sie innerlich zerrissen sind und nicht wissen, wie sie sich dazu verhalten sollen. Die Verunsicherung ist groß. Ich hoffe, dass Gespräche dabei helfen werden, Unzufriedenheit auszuräumen und Vertrauen aufzubauen.

Sie klingen so, als müssten Sie in nächster Zeit ganz schön kämpfen.

Es ist nicht die erste Herausforderung, die wir meistern müssen, aber aktuell eine schwierige Situation. Wir wollen alle Bedenken ernst nehmen, aber auch der Mannschaft den Rücken stärken im Kampf um den Klassenerhalt.

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