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Sport: Tage des Zorns

FC Bayern zieht sich aus Gremien zurück und boykottiert Liga-Versammlung

Berlin. Gestern Mittag versuchte Werner Hackmann, sich vom Wochenende abzulenken. Der Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) ging Golf spielen, um jene seltsame Wendung kurzzeitig hinter sich zu lassen, die ihm die vergangenen Tage beschert hatten. Erst hatten Liga und FC Bayern München einen Vergleich geschlossen, um sich einer strittigen Angelegenheit zu entledigen: des geheimen Vertrags der Bayern mit dem Medienunternehmer Leo Kirch. Doch dann geschah das Gegenteil. Der Streit eskalierte, weil sich der FC Bayern von der Pressemitteilung der DFL beleidigt fühlte. Der FC Bayern habe moralisch verwerflich gehandelt, war dort zu lesen. Als Hackmann am frühen Nachmittag vom Golfspielen zurückkehrte, war es wie so oft, wenn man Problemen ausweicht. Alles war noch schlimmer.

Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender der Bayern, machte am Vormittag seine Drohung wahr und trat aus dem „Arbeitskreis Nationalmannschaft“ beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) aus. „Der FC Bayern möchte das Mandat nicht mehr ausüben, das er von der DFL übertragen bekommen hat“, berichtet DFB-Sprecher Harald Stenger. Zudem kündigten die Münchner gestern schriftlich an, nicht zur heutigen Mitgliederversammlung der DFL kommen zu wollen. Trennen sich jetzt die Wege des FC Bayern München und des Ligaverbandes?

Hackmann schätzt die Situation nicht als dramatisch ein. „Einerseits ist es bedauerlich, dass der FC Bayern nicht zur Mitgliederversammlung kommt“, sagt der Ligapräsident, „andererseits ist es ganz gut, dass man den Konflikt nicht vor 35 anderen Vereinen austrägt.“ Hackmann sieht die Abwesenheit der Bayern als Gelegenheit an, Zeit zu gewinnen. „Wir müssen erst mal in Ruhe diskutieren, wie man wieder zu einem Modus Vivendi kommen kann.“ Das Verhältnis zwischen Liga und FC Bayern ist stark belastet, was Hackmann nicht als Schuld der Liga betrachtet. Karl-Heinz Rummenigge hatte im DSF gesagt: „Wir möchten mit dieser DFL nichts mehr zu tun haben.“

Montagvormittag setzte der Vorstandsvorsitzende seine Ankündigung in die Tat um. Erst rief er Teamchef Rudi Völler an, um seinen Rückzug aus dem Arbeitskreis bekannt zu geben. Dann telefonierte er mit dem DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder. „Wir gehen davon aus, dass der FC Bayern auch die anderen Mandate niedergelegt hat“, sagte DFB-Sprecher Stenger. In den verschiedenen Ausschüssen des Verbandes sitzen bis zu zwei Vertreter der DFL. So gehörte Bayerns Manager Uli Hoeneß dem Spielausschuss an, Vorstandsmitglied Karl Hopfner saß im Arbeitskreis Versicherung Nationalmannschaft und Pressesprecher Markus Hörwick zählte zur Kommission für Gewaltprävention. Bis gestern. Der DFB betont, dass der Verband und die Bayern weiter gut miteinander auskommen. „Das Verhältnis der Bayern zur Nationalmannschaft und zum DFB bleibt davon unberührt“, sagte Stenger, „das hat Rummenigge ausdrücklich erklärt.“ Mayer-Vorfelder will nun vermitteln.

Ausgerechnet die Einigung brachte die Eskalation. Mit dem Anwalt des FC Bayern, Christoph Schickhardt, hatte die DFL vereinbart, dass der Klub drei Millionen Euro zu zahlen habe. Ein Schuldeingeständnis, findet Hackmann. Das sieht der FC Bayern anders, und wollte deshalb die gesamte Summe einem karitativen Zweck widmen. Am Ende einigten sich die Parteien, dass 2,5 Millionen der Liga zu Gute kommen sollen, und 500 000 Euro an einen guten Zweck gehen. Als der FC Bayern die Schuldzuweisung in der DFL-Pressemitteilung allerdings auch noch schriftlich bekam („Hat das Solidaritätsprinzip der gesamten Liga missachtet“), war es vorbei mit der vermeintlichen Einigung. „Eine Beleidigung für den FC Bayern von A bis Z“, schimpfte Rummenigge, und wertete den Ligaverband pauschal ab. „Ich kenne niemanden in der Ersten oder Zweiten Liga, der mit dieser DFL zufrieden ist.“

Das freilich stimmt nicht. Bremens Aufsichtsratschef Franz Böhmert sagt: „Die DFL hat nach der Kirch-Pleite einen guten Fernsehvertrag ausgehandelt.“ Und Dortmunds Klubchef Gerd Niebaum erklärt: „Ich glaube, dass die Äußerung Rummenigges aus einer Verärgerung über die Pressemitteilung resultiert, aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um über die Wertigkeit der DFL zu diskutieren.“ Weshalb der Ligachef gelassen bleibt. „Der FC Bayern braucht die Liga, er will ja Spielpartner haben.“ Deshalb lässt ihn auch die Aussage kalt, die Franz Beckenbauer vor einigen Wochen getroffen hatte. Wir können auch in der italienischen Liga spielen, hatte Bayerns Aufsichtsratsvorsitzender gesagt. Hackmann sagt: „Das war nur ein Scherz.“ Oder doch nicht?

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