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Sport: Taktisch durchaus brauchbar

Georg Buschner über Trainer Hans Meyer

Hans Meyer hat es geschafft: Hertha BSC bleibt in der Bundesliga. Das freut mich. Für den Verein und für den Hans. Natürlich habe ich ihm die Daumen gedrückt. Als ich mir am Samstag vor einer Woche das Spiel gegen 1860 München in der Sportschau angesehen habe, wusste ich nicht, wie es ausgehen würde. An Spieltagen höre ich nie Radio, ich schaue mir keine Nachrichten an, und mir darf auch niemand vorher die Ergebnisse verraten. Die Spannung ist beim Fußball doch das Wichtigste, und davon hat es ja reichlich gegeben. Als die Münchner den Elfmeter bekamen, habe ich gehofft, dass sie den verschießen. Ja, Hans im Glück, das haben wir früher schon gesagt. Aber ich freue mich natürlich, dass er die chaotischen Verhältnisse bei Hertha noch in den Griff bekommen hat.

Hans Meyer und ich, wir kennen uns jetzt seit vierzig Jahren. Er studierte seinerzeit in Jena Geschichte und Sport, ich war Trainer bei Carl Zeiss und habe an der Universität Sportgeschichte und Methodik der Sportspiele unterrichtet. Beim Fußball ist mir Hans Meyer zum ersten Mal aufgefallen. Er war technisch versiert, verfügte über Fußballverstand und war im Taktischen ein durchaus brauchbarer Mann. Deshalb habe ich ihn mit zu meinem Klub genommen.

Carl Zeiss war zu meiner Zeit die beste Mannschaft der DDR, und Hans Meyer hatte es schwer, ins Team zu kommen. Als Spieler verfügte er leider nicht über das Format, das er als Trainer besitzt. Um es einmal deutlich zu sagen: Hans Meyer war ein bisschen langsam. Für eine andere Oberliga-Mannschaft hätte es vielleicht gereicht, aber Hans Meyer war kein Wandervogel. Außerdem konnte er etwas, was viele Spieler bekanntlich nicht können: seine eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen.

Anstatt den Verein zu wechseln, ist er dann mein Kotrainer geworden, als ich 1970/71 sowohl Jena als auch die DDR-Auswahl betreut habe. Es gab zahlreiche Kandidaten, aber ich habe mich für Hans Meyer entschieden. Die Zusammenarbeit war sehr gut, und obwohl der Hans damals erst 28 Jahre alt war, hat er Impulse und Anregungen gegeben, die mir sehr geholfen haben. Er war vielseitig, sehr klug und als Pädagoge nicht ungeschickt. In unserem Beruf arbeiten zu 90 Prozent Schaumschläger. Hans Meyer gehört zu den anderen zehn Prozent.

1971 übernahm Hans Meyer meinen Posten in Jena. Bedingt durch meine Position als Nationaltrainer stand ich mit allen Oberligatrainern in Kontakt, doch so eng wie mit Hans war er mit wenigen. Das lag auch daran, dass ich in Jena gewohnt und häufiger beim Training meiner alten Mannschaft zugeschaut habe. In Jena kann man sich nur schwer aus dem Weg gehen.

Hans Meyer ist eine ausgeglichene Persönlichkeit, fachlich wie menschlich. Noch heute, so habe ich gehört, beruft er sich gelegentlich auf seinen alten Lehrmeister Georg Buschner. Das zeugt von seinem Anstand und Charakter, und ich freue mich, dass der Trainer, der als junger Bursche mit mir zusammengearbeitet hat, meine Ideen auf seine Art weiterentwickelt hat. Es gibt wohl einige Ähnlichkeiten: Hans Meyer tritt in der Öffentlichkeit sehr geschickt auf, er ist sehr humorvoll, und Probleme mit der Presse hatte ich zu meiner Zeit auch mal.

Hans Meyers Werdegang habe ich auch nach der Wende immer verfolgt. Gefreut hat mich, dass er auf eigene Faust nach Holland gegangen ist und dass er bei Borussia Mönchengladbach noch eine Chance in der Bundesliga bekommen hat. Dass er jetzt aufhört, halte ich trotzdem nicht für falsch. 61 scheint mir ein gutes Alter zu sein. In Interviews habe ich den Meyer Hans schon mal ein bisschen nervös antworten sehen. Nach so vielen Jahren in diesem Beruf geht einfach die Spannkraft verloren. Und Trainer, die im Alter nur noch ihren Namen zur Schau tragen, gibt es schon genug.

Der Autor Georg Buschner (78) war von 1970 bis 1981 Trainer der DDR-Nationalmannschaft. Er lebt in Jena.

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