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Sport: Talent, Temperament und Titel

Die Beachvolleyballer Brink und Dieckmann gewinnen die Europameisterschaft

Der erste Anruf nach dem Sieg im Halbfinale gegen die Schweizer Patrick Heuscher und Stefan Kobel galt dem Bruder. Noch auf dem Centre Court am Strand von Scheveningen vor den Toren Den Haags telefonierte Julius Brink mit Benjamin, schließlich gab es besondere Neuigkeiten: „Junge, ich habe ein Auto für dich.“ Das Gefährt haben sich Brink und sein Partner Christoph Dieckmann verdient, weil sie im ersten Jahr ihrer Liaison auf Anhieb bis auf Platz eins der europäischen Rangliste durchgestartet sind.

Der 24-jährige Brink kann sich die großzügige Geste leisten, denn im Verbund mit Dieckmann sind auf den diversen Turnieren in aller Welt in diesem Sommer rund 160 000 Euro an Preisgeld zusammengekommen. Dazu kommen die Beträge von diversen Sponsoren. „Wir verdienen gut und sind zufrieden“, sagt Dieckmann, nicht ohne das hinzuzufügen, was Sportler in diesem Zusammenhang mit Vorliebe zu sagen pflegen: „Wir spielen nicht in erster Linie um Autos, sondern um Titel zu gewinnen.“

Auch in dieser Hinsicht hat sich die Reise nach Holland gelohnt: Brink und Dieckmann gewannen das Finale von Den Haag gegen die Niederländer Jochem de Gruijter und Gijs Ronnes mit 2:0 (21:13, 21:13) und dürfen sich damit Europameister 2006 nennen. Das Endspiel wurde zu einer Demonstration der Stärke, wobei es für die mentale Festigkeit der neuen Titelträger spricht, dass sie sich beim Auswärtsspiel nicht die Spur von der tobenden Kulisse beeindrucken ließen. „Für mich ist es in erster Linie schön, wenn das Stadion voll ist“, sagte Dieckmann. „Dass da Holländer sind, die für ihre Leute schreien, ist dabei zweitrangig.“

Dass Brink und Dieckmann im internationalen Geschäft eine gute Rolle spielen würden, war den Beobachtern der Szene von Beginn an klar. Der lange Blockspieler Dieckmann und der virtuose Abwehrmann Brink bilden eine Kombination mit hohem spielerischen Potenzial und ausgeprägter Harmonie.

Allein das Tempo, mit dem die neue Kombination an die Spitze gestürmt ist, verblüfft selbst die engen Vertrauten. So sagt Bernd Schlesinger, der die neuen Europameister gemeinsam mit Andreas Künkler als Trainer betreut, es sei „nicht im entferntesten damit zu rechnen gewesen, dass die beiden ständig irgendwo im Halbfinale auftauchen“. Vor allem die Entwicklung von Brink ist erstaunlich. Schließlich galt der gebürtige Münsteraner bis dato zwar als größtes Talent, das in Deutschland den Sand umgegraben hat, aber auch als ausgewiesener Heißsporn, der seine Nerven nicht immer zu kontrollieren weiß.

An der Seite von Dieckmann hat der Senkrechtstarter Demut gelernt. „Christoph ist der beste Beachvolleyballer Deutschlands“, sagt Brink über seinen Kompagnon, „es ist für mich eine Ehre, mit ihm zusammenspielen zu dürfen.“ Nur noch selten wird er Opfer seines Temperaments. „Manchmal“, berichtet Trainer Künkler, „musst du Julius ein bisschen bremsen und ihm sagen: Du musst dein bestes Beachvolleyball nicht jetzt, sondern 2008 in Peking zeigen.“

Dort wollen die Senkrechtstarter eine Medaille gewinnen und mit dem Ruhm auch den Wohlstand mehren. Kein Beachvolleyball-Team hat hierzulande ein vergleichbares Vermarktungspotenzial. Was vor allem an Brink liegt, der das Zeug zu einem Star hat, der weit über die engen Grenzen der beschaulichen Sportart am Strand wahrgenommen wird.

Im Internet gibt es schon sogenannte Starblogs von Brink. Dort kann er demnächst nicht nur davon erzählen, wie es an Bord diverser Airlines zugeht. Vor zwei Wochen hat Brink seine Führerscheinprüfung abgelegt und kann nun das Gefühl beschreiben, selbst am Steuer zu sitzen. Wenn ihn sein Bruder mal fahren lässt.

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