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Sport: Teddybären und gefletschte Zähne

Nach dem Titel für sein Paar Sawtschenko/Szolkowy kanzelt Eiskunstlauf-Trainer Steuer die nationale Konkurrenz als „unterirdisch“ ab

Einer warf einen großen Teddybären aufs Eis. Aljona Sawtschenko hob ihn lächelnd auf, während die 1000 Zuschauer in der Dresdner Eishalle begeistert applaudierten. Sie hatten ganz zum Schluss noch einen bemerkenswerten Kraftakt gesehen. Sawtschenko zeigte noch einen dreifachen Wurfsalchow, eine enorme Leistung am Ende einer viereinhalbminütigen Kür und gleichzeitig der Beweis der Klasse des Eiskunstlauf-Paars Aljona Sawtschenko/Robin Szolkowy. Die Europameister aus Chemnitz, trainiert vom früheren Paarlauf-Weltmeister Ingo Steuer, gewannen gestern bei den deutschen Eiskunstlauf-Meisterschaften wie erwartet und mit enormem Vorsprung (214,67 Punkte) ihren fünften Meistertitel. Nur zweimal zeigte das Paar Schwächen. Bei einer Pirouette brach Sawtschenko ab, einmal sprang sie den Toeloop zweifach, während Szolkowy dreimal rotierte.

Deshalb saß Steuer eine halbe Stunde später an einem Tisch im Presseraum und sagte: „Mir hat heute der letzte Funke gefehlt. Die beiden haben nicht alles optimal gemacht.“ Aber die eigentlichen Versager dieser Paarlauf-Konkurrenz, das schob Steuer Sekunden später nach, die sitzen links und rechts neben ihm. Mari-Doris Vartmann und Florian Just aus Dortmund zur Linken, mit 136,71 Punkten auf Rang zwei. Ekaterina Wasiliewa und Daniel Wende, ebenfalls aus Dortmund, zur Rechten, die Drittplazierten mit 113,54 Punkten. Und 113 Punkte sind international, kein Zweifel, eine unterirdische Leistung. 136 sind allerdings auch nicht viel besser. „Mit solchen Punktzahlen darf man nicht zur EM“, sagte Steuer. „Das ist peinlich für Deutschland.“ Seine Nachbarn hörten mit versteinerten Mienen zu.

Sie dürfen wahrscheinlich trotzdem zur EM Ende Januar nach Zagreb. Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) will sich zwar erst heute in einem internen Gespräch endgültig entscheiden, aber bis jetzt galt es als wahrscheinlich, dass drei Paare geschickt werden. Für Steuer der blanke Hohn. „Mit 140 Punkten kämpft man international um die letzten Plätze.“ Wer nicht mindestens 150 Punkte erreiche, habe bei einer EM nichts zu suchen.

Irgendwann löste sich Wende aus seiner Erstarrung und sagte: „Wir laufen erst seit drei Monaten zusammen. Natürlich war nicht alles erste Sahne. Wenn wir gewusst hätten, wie es heute ausgeht, wären wir nicht gestartet. Aber wir wollen uns steigern.“ Und Florian Just erklärte trotzig: „Wir werden nicht auf die EM verzichten.“

Drei Monate zusammen? Na und? Für Steuer ist das kein Argument. War er denn nicht erst seit ein paar Monaten mit Mandy Wötzel zusammen und wurde dann gleich Vize-Europameister? Es gehe schließlich um die Einstellung. „Ich habe die Paare beim Training gesehen, da sieht man die Einstellung.“ Er ging nicht ins Detail, aber es muss für ihn, den Perfektionisten, offenbar furchtbar gewesen sein. „Die werden mit öffentlichen Geldern unterstützt. Da muss man mehr zeigen. Da werden doch Gelder verbrannt.“ Ein netter Hinweis, er selber kann kein öffentliches Geld verbrennen. Er erhält keinen Cent aus öffentlichen Töpfen. Das Bundes-Innenministerium verhindert solche Transfers an den früheren Stasi-IM Steuer. Aber seine eigene Geschichte spiele hier keine Rolle, sagt Steuer. Er forderte stattdessen, der Trainer der Paare müsse eingreifen. Aber wenn der alles laufen lasse, „dann gute Nacht“. Der Trainer ist Knut Schubert aus Berlin, und der ließ Steuer via Medien gallig ausrichten: „Das ist unsportlich, unfair und niveaulos.“

Aber Steuer sieht sich bloß als Vertreter des Leistungsprinzips. „Das ist Leistungssport, kein Volkssport. Wenn einer das Talent nicht hat, soll er aufhören.“ Der 41-Jährige trainiert derzeit auch ein kanadisches Paar. Das Duo lief in Dresden außer Konkurrenz. Dieses Paar, sagte Steuer fast genüsslich, „habe ich im vergangenen Jahr übernommen. Was die beiden damals gemacht haben, sah entfernt nach Paarlauf aus.“ In Dresden erreichte dieses Paar 152 Punkte.

Aber wenn er die nationale Konkurrenz betrachte, sagt Steuer, „bin ich erbost und traurig“. Ist das also auch eine Kritik an DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf? „Natürlich“, antwortete Ingo Steuer. Dönsdorf konnte sie bloß nicht mehr hören. Er war schon abgereist.

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