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© dpa

Sport: Teherans langer Arm

Iranische Fußballer fürchten Konsequenzen, weil sie bei einem Länderspiel grüne Armbänder trugen, um sich mit den Demonstranten zu solidarisieren.

Es ist nicht lange her, da ist Mehdi Mahdavikia in Frankfurt am Main belächelt worden. Wenn sich der 31-jährige Fußballer, der in seiner Jugend Stadtmeister Teherans über 100 Meter gewesen ist, mal wieder vergeblich mühte, einem Gegenspieler in einem Bundesligaspiel wegzulaufen. Rechts vorbeilegen, rasant vorbeilaufen – so wie das immer in Hamburg geklappt hat, wo ihn die Anhänger verehrten. Doch seit er bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag steht, tritt der Iraner auf der Stelle. Es heißt, Mahdavikia laufe niemanden mehr weg. Bei der Eintracht gilt die Nummer 15, die vergangene Saison gerade sieben Spiele von Beginn an bestritt, als Auslaufmodell.

Scherze über verschüttete Sprintqualitäten sind nicht erlaubt, wenn die Spieler am Montag um 15 Uhr unter Anleitung ihres neuen Trainers Michael Skibbe die erste Trainingseinheit absolvieren. Mit Mahdavikia hat niemand Kontakt gehabt, weil sein Handy seit Tagen ausgeschaltet ist. Der Familienvater, der eine Stadtwohnung mit Mainblick bewohnt, ist mitten in die politischen Auseinandersetzungen seines zerstrittenen Landes geraten. Mahdavikia, im elften Jahr in Deutschland am Ball, aber immer noch Kapitän der iranischen Nationalmannschaft, trug vor knapp zwei Wochen im WM-Qualifikationsspiel gegen Südkorea jenes ominöse Schweißband in grüner Farbe, das Solidarität mit Oppositionsführer Mir-Hossein Mussawi verrät. Fünf Mitspieler taten es ihm gleich, ließen aber wissen, sie seien nicht zwangsläufig Mussawi-Sympathisanten, sondern wollten „ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen daheim auf der Straße setzen“.

Diese Aktion verursachte viel Aufregung. Zum einen verbietet der Weltverband Fifa jede politische Parteinahme, zum anderen löste das beim Regime harte Abwehrmechanismen aus. Angeblich soll Mohammed Ali-Abadi, der Chef der iranischen Sportorganisation und Schwager des umstrittenen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad, sich in der Halbzeitpause bei der Teamdelegation gemeldet und verlangt haben, dass die Nationalspieler die Armbänder abstreifen. Was auch geschah. Dennoch wurde das Sextett verehrt: Anhänger, die das Spiel in der Heimat in den Cafés und Bars verfolgten, feierten die Spieler mit Sprechchören.

Der iranische Fußballverband kündigte inzwischen weitere Sanktionen an. Zunächst hieß es in britischen Medien, dass neben Mahdavikia auch der Ex-Bayern-Spieler Ali Karimi und der Bochumer Vahid Hashemian unverzüglich aus dem Nationalteam suspendiert worden seien. Man habe ihnen sogar die Pässe abgenommen und ein Interviewverbot verhängt. Dem widersprach der beim VfL Bochum spielende Hashemian. Auf der Internetseite seines Arbeitgebers ließ der 33-Jährige ausrichten, er sei nach dem Länderspiel nach München gereist. „Allerdings habe ich von keinem meiner Teamkollegen gehört, dass ihm der Pass abgenommen wurde“, sagte Hashemian. „Von einer lebenslangen Sperre habe ich nur aus den Medien erfahren, niemand hat mit mir gesprochen.“ Allerdings stellte er aus Altersgründen sein Karriereende in der Nationalmannschaft in Aussicht.

Durch das 1:1 gegen Südkorea verpasste der Iran die WM-Teilnahme – ein Umstand, der es auch Mahdavikia leicht machen sollte, auf künftige Auswahleinsätze zu verzichten. Die Sorge um die Sicherheit seines Landes, seiner Verwandten, seiner Freunde bleibt.

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