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Tennis: Das Märchenkarussell

Bei den Australian Open straucheln die Favoritinnen. Nutznießerin könnte wie so oft Serena Williams sein. Die Titelverteidigerin gab in drei Runden nur neun Spiele ab.

Justine Henin vergrub ihr Gesicht in einem Handtuch, so dass nur noch ihre Augen herausguckten. Konsterniert saß sie beim Seitenwechsel auf der Bank, blickte fast apathisch zu ihrem Trainer Carlos Rodriguez. Die Belgierin war mitten im dritten Satz an der Grundlinie gestürzt und hatte sich ein wenig den Knöchel verdreht. Das hatte noch gefehlt. Es fällt ihrem zierlichen Körper ohnehin schwer genug, sich nach der anderthalbjährigen Pause wieder an die Matchbelastung zu gewöhnen. Nach langen Ballwechseln rang Henin mitunter nach Luft, und dass es im Achtelfinale gegen ihre Landsfrau Yanina Wickmayer in einen dritten Satz ging, hätte Henin sicher gerne vermieden.

Über zwei Stunden kämpfte Henin gegen ihre 20-jährige Gegnerin, bis sie mit 7:6, 1:6 und 6:3 doch noch die Arme emporrecken durfte. „Dieses Match hat mich viel Kraft gekostet, es war hart“, sagte Henin, „ich hoffe, mein Knöchel erholt sich morgen wieder.“ Hatte man die Siegerin von 2004 nach ihrem grandiosen Zweitrundensieg gegen Jelena Dementjewa noch in Form eines Champions gewähnt, so wirkt die Rückkehrerin inzwischen ausgelaugt. Im Viertelfinale wartet nun die Russin Nadia Petrowa, die nach ihrem Triumph über French- Open-Siegerin Swetlana Kusnezowa geradezu vor Selbstvertrauen strotzt. Sie könnte das Märchen von Melbourne für Henin jäh beenden.

Zuvor hatte Petrowa schon das von vielen herbeigesehnte Viertelfinale zwischen Henin und Kim Clijsters zunichte gemacht, als sie die US-Open-Siegerin in Runde drei aus dem Turnier warf. Das Aus kam nach nur 51 Minuten. Der Schock saß tief bei den australischen Fans, nicht nur bei Clijsters selbst. Doch die junge Mutter befindet sich bei den diesjährigen Australian Open in namhafter Gesellschaft. Reihenweise verabschiedeten sich ehemalige Weltranglistenerste und Grand-Slam-Siegerinnen, die ihr frühes Ausscheiden ratlos und frustriert zurückließ.

Maria Scharapowa machte gleich zum Turnierbeginn den Anfang des Trauerreigens, als sie ihrer Landsfrau Maria Kirilenko unterlag. Seit ihrer Schulteroperation und der neunmonatigen Pause hat Scharapowa noch immer nicht zu ihrer alten Gefährlichkeit auf dem Platz zurückgefunden. „Es gibt so vieles, an dem ich arbeiten muss“, sagte sie nach dem frühen Aus. Der Nachschub, dass man sie nur nicht abschreiben solle, klang eher wie eine Durchhalteparole.

Auch Ana Ivanovic scheiterte bereits in der zweiten Runde an der Argentinierin Gisela Dulko. Seit ihrem Sieg bei den French Open 2008 wirkt die junge Serbin verloren. Die Negativerlebnisse überwiegen, Besserung ist nicht in Sicht. „Es ist sehr hart und tut weh“, klagte Ivanovic, „aber es ist ein Prozess und ich muss wohl geduldig sein.“ Dass sich ihre Landsfrau Jelena Jankovic in der dritten Runde mit den Worten „Heute war nicht mein Tag“ und der Anführung diverser Wehwehchen verabschiedet, ist dagegen schon zur Normalität geworden. Die vorerst letzte Leidtragende wurde am Sonntagabend Dinara Safina. Die Weltranglistenzweite musste ihre Partie gegen Maria Kirilenko unter Tränen aufgeben, da sie ihre Rückenschmerzen nicht mehr aushielt.

Nutznießerin könnte wie so oft Serena Williams sein. Die Titelverteidigerin gab in drei Runden nur neun Spiele ab. „Ich kann noch besser spielen“, kündigte die extrovertierte US-Amerikanerin an und plauderte entspannt über ihre Begegnung mit dem „super coolen“ Prinz William, der den Melbourne Park besuchte. Ihrem Prinzen, wenn es nach Serena Williams ginge. Ein Märchen mit Justine Henin in der Hauptrolle wäre für sie ohnehin undenkbar.

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