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Sport: Tennis: Der Schleifer und sein glückliches Opfer

Er startete in seinem ersten Aufschlagspiel mit rekordverdächtigen vier Assen in Folge, und auch das Ende seines angenehm kurzen Arbeitstages im schwül-heißen Adelaide konnte sich sehen lassen: Nach einer fast zweijährigen Durststrecke gelang Deutschlands zweitbestem Tennisprofi Thomas Haas am anderen Ende der Welt endlich sein zweiter, lang erhoffter Turniersieg nach dem Triumph im März 1999 in Memphis. "Der Bann ist endlich gebrochen.

Er startete in seinem ersten Aufschlagspiel mit rekordverdächtigen vier Assen in Folge, und auch das Ende seines angenehm kurzen Arbeitstages im schwül-heißen Adelaide konnte sich sehen lassen: Nach einer fast zweijährigen Durststrecke gelang Deutschlands zweitbestem Tennisprofi Thomas Haas am anderen Ende der Welt endlich sein zweiter, lang erhoffter Turniersieg nach dem Triumph im März 1999 in Memphis. "Der Bann ist endlich gebrochen. Ich dachte schon, ich kann keine Endspiele mehr gewinnen", sagte der gebürtige Hamburger, als nach 79 Minuten der souveräne, niemals gefährdete 6:3, 6:1-Sieg gegen den Chilenen Nicolas Massu perfekt war.

Schon auf dem Weg ins neunte Finale seiner Profikarriere hatte Haas erstaunliche Brillanz auf dem Center Court am Memorial Drive gezeigt und die beiden australischen Lokalmatadoren Lleyton Hewitt und Jason Stoltenberg im Viertel- und Halbfinale aus dem Feld geschlagen. "So früh habe ich noch nie in einer Saison so gut gespielt", sagte der zurecht einmal von sich selbst überzeugte Daviscup-Akteur, dessen Erfolgserlebnisse auf dem Roten Kontinent anhalten. 1999 hatte Haas sein bisher wert- und gehaltvollstes Ergebnis im Wanderzirkus mit dem Vorstoß ins Australian Open-Halbfinale erreicht, zudem hatte der 23-jährige seine magere Saisonbilanz des Jahres 2000 mit einer versöhnlichen Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Sydney aufgebessert.

Die angenehme Beziehung zu Australien könnte sich für Haas durch den durchschlagenden Premierenerfolg an der Seite seines neuen Trainers und Fitmachers Gavin Hopper noch intensivieren: Nicht nur im Endspiel gegen Überraschungs-Mann Massu wirkte der Deutsche austrainierter, zäher, ehrgeiziger und konditionsstärker als jemals zuvor in der abgelaufenen Spielzeit. "Gavin ist genau der Typ, den ich brauche. Er ist ein Schleifer, mit dem das Arbeiten Spaß macht", sagte Haas am Sonntag. Mit Hopper, dem braungebrannten, muskelbepackten Beach-Boy-Typen aus Melbourne, will Haas ein Tennis-Jahr angehen, von dem er sagt, es sei "sicher das wichtigste in meiner bisherigen Profi-Laufbahn". 2001, so Haas, "soll den Durchbruch in die Weltspitze bringen".

Die 35 Weltranglisten-Punkte und knapp 50 000 US-Dollar Siegprämie nahm Haas zwar gerne mit am Tennis-Schauplatz Adelaide, aber weit wichtiger war für den Nationalspieler die frische Portion Selbstbewusstsein nach dem überwundenen Finalfluch: "Wenn man so oft in Endspielen verliert, kriegt man schon ein komisches Gefühl", meinte Haas, "da schleicht sich eine ziemliche Unsicherheit ein." Haas hatte in den letzten 24 Monaten gleich in sieben Finals den Platz als Verlierer verlassen, darunter auch beim Münchner Grand Slam Cup und auf dem Stuttgarter Weissenhof 1999.

Auch gegen Massu hätte Haas leichteres Spiel haben können, hätte er nur seine vielen, verlockenden Chancen konsequenter ausgenutzt. Doch vielleicht noch gelähmt von der Erinnerung an frühere Endspiel-Frustrationen, agierte Haas bei acht Breakchancen im ersten Satz gegen den Chilenen entweder zu zurückhaltend oder viel zu hektisch. Erst mit dem Aufschlagverlust Massus zum 3:4 fand Haas zu jener Klasse, die ihn in der ganzen Turnierwoche von Adelaide ausgezeichnet hatte. "Es war, als ob auf einmal der Fuß von der Bremse war", sagte Haas, der seinem Gegenspieler im zweiten Durchgang haushoch überlegen war und schließlich beim Stand von 6:3, 5:1 und 40:30 seinen ersten Matchball verwandelte.

Mit dem nicht unbedingt erwarteten Erfolgs nimmt Haas in der Weltrangliste, die wieder beim Punkt Null begonnen hat, gleich einen erhabenen zweiten Platz ein und muss nicht wie 2000 ständig der Konkurrenz hinterherschauen. "Thomas hat das Format, um jedes Turnier und jeden Grand Slam zu gewinnen", meinte Coach Hopper, "und mit der nötigen Fitness wird ihm das auch bald gelingen." Hopper hatte sich als Trainer von australischen Football-Teams einen Namen gemacht, ehe er sich als Betreuer von Spielern wie Mark Philippoussis, Monica Seles oder Amanda Coetzer im Tennisgeschäft Anerkennung verschaffte.

Jörg Allmeroth

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