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© ddp

Tennis in Berlin: Bridge und Kuchen statt Serena Williams

Heute hätten die German Open im Grunewald beginnen sollen, wo 2008 noch Serena Williams aufschlug. Doch dort spielen nur noch Jugendliche und Senioren. Noch hofft man auf die Rückkehr des großen Tennis.

Idyllisch geht es auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß an diesem Sonntag zu. In der Mittagshitze bleiben viele der 16 Tennisplätze frei, eine Seniorenmannschaft trägt ein Verbandsspiel aus, während im Vereinscafé Mitglieder die Sonne genießen und ältere Damen Bridge spielen. Kaum etwas erinnert an diesem sonnigen Sonntag noch daran, dass auf denselben Plätzen an der Hundekehle voriges Jahr Serena Williams, Ana Ivanovic und Dinara Safina um einen der wichtigsten Titel auf der Damentour kämpften. „Weltklassetennis“ steht auf einem pink-orangefarbenen Banner, das nach wie vor am Steffi-Graf-Stadion hängt. Auch das Tableau des vergangenen Jahres begrüßt die Besucher am Eingang am Gottfried-von- Cramm-Weg. Hier sollte nun eigentlich die aktuelle Auslosung hängen für die 30. German Open, alle Plätze belegt für die letzten Trainingseinheiten und Qualifikationsrunden. Doch das Jubiläum fällt aus: Die German Open sind Geschichte, das Turnier findet nun in Warschau statt.

„Das ist sehr schade“, sagt Josef Minderjahn, der Präsident des LTTC Rot-Weiß, der sich an diesem Sonntag ebenfalls bei Kaffee und Rhabarberkuchen im Vereinsrestaurant entspannt. „Für den Klub, aber auch für Berlin.“ Der katarische Verband, der das Turnier in den vergangenen vier Jahren ausgerichtet hatte, gab das Sandplatzturnier Anfang des Jahres an die Damenorganisation WTA zurück. Damit wurde jenes Ende vollzogen, das sich bereits vor fünf Jahren angekündigt hatte, als der Deutsche Tennis-Bund kurz vor der Insolvenz stehend das defizitäre Berliner Turnier für rund sieben Millionen US-Dollar an die Qatar Tennis Federation (QTF) verkaufte. Jene Zeiten, in denen Steffi Graf das Turnier neunmal gewann und es jährlich Gewinne einfuhr, waren lange passé. Mit dem Ausstieg des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und des Hauptsponsors 2004 kamen die Verluste.

„Ohne den Einsatz der Katari hätte das Turnier schon 2005 nicht mehr auf unserer Anlage stattgefunden“, erinnert sich Minderjahn. „Wir müssen trotz allem dankbar sein.“ Die Art und Weise aber, wie sich die Katari aus Berlin verabschiedeten, darüber hat sich der Präsident geärgert. Rechnungen blieben offen, monatelang erreichte er die Verantwortlichen nicht. Noch im März flog Minderjahn nach Doha, um bei den einstigen Rettern vom Persischen Golf für den Erhalt des Turniers auf seiner Anlage zu kämpfen. Noch immer steht er in Verhandlungen mit der QTF, die noch einen Vertrag bis zum Ende des Jahres hat. Vieles spricht heute dafür, dass sich die Katari in Berlin das Know-How, wie man ein großes Turnier ausrichtet, holen wollten. Nachdem Doha mit dem Finale der besten acht Spielerinnen des Jahres ein Top-Event erhalten hat, war der Verband offensichtlich nicht mehr bereit, die anhaltenden Verluste der German Open weiter zu tragen.

Deswegen trainieren an diesem Sonntag lediglich drei Jugendliche im Steffi- Graf-Stadion. Das ist insofern bezeichnend, da man sich im Grunewald nun verstärkt auf die Jugendarbeit konzentrieren will. 20 bis 30 Prozent des Vereinsetats wird in den Nachwuchs investiert. Den diesjährigen Höhepunkt bildet das Internationale Jugendturnier im Juli.

Etwas kleiner steht das Steffi-Graf-Stadions nun da, die Zusatztribünen sind eingefahren – trotzdem kostete der Unterhalt des Stadions rund 70 000 Euro jährlich. Ein Abriss, der mehrere Millionen kosten würde, kommt für Minderjahn nicht in Frage. Er denkt schon über neue Turniere nach, deutet eine Frauen-WM nach Vorbild des World-Team-Cups der Männer an und verhandelt über die Ausrichtung des Fed-Cups. Vom ganz großen Tennis will man sich im Grunewald dann doch noch nicht verabschieden.

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