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Volles Haus. Am Rothenbaum zieht nicht nur Thomas Haas die Zuschauer an.

© dpa

Tennis in Hamburg: ATP-Turnier in Rothenbaum: Das tote Pferd lebt noch

Ex-Tennisprofi Michael Stich hat das Tennisturnier am Hamburger Rothenbaum gerettet – doch jetzt will der Deutsche Tennis-Bund die Lizenz verkaufen.

Karl Altenburg eilte am Mittwoch vor den Toren des Hamburger Rothenbaums in ein Taxi – der Präsident des Deutschen Tennisbundes (DTB) entschwand so schnell, wie er gekommen war. Thomas Haas steckte da gerade mitten in seiner schwierigen Auftaktpartie beim Traditionsturnier, doch dort hatte sich Altenburg nicht blicken lassen. Dabei war dank Haas und der Zusage von Roger Federer der Center Court an diesem Tag erstmals seit sechs Jahren wieder ausverkauft. Es herrschte so etwas wie Aufbruchstimmung am Rothenbaum. Das Traumfinale wird es zwar nicht geben: Während Federer gegen Florian Mayer mit 7:6 (7:4), 3:6, 7:5 gewann und ins Halbfinale einzog, scheiterte Haas am Italiener Fabio Fognini in zwei Sätzen (2:6, 4:6).

Dass überhaupt eine Chance auf dieses Duell bestanden hatte, hätte im Jahr 2009, nach der Aberkennung des Masters-Status’, kaum jemand geglaubt. Michael Stich aber hatte für den Erhalt mit seiner Veranstaltungsagentur HSE gekämpft, und ohne seinen Einsatz würde es das Hamburger Turnier wohl längst nicht mehr geben. Doch auf Anerkennung der Verbandsoberen braucht Stich nicht zu warten, und er tut es auch nicht mehr. Sicherlich, der DTB-Präsident hat hauptberuflich noch anderen Pflichten nachzugehen, doch es war in diesen Tagen nicht zu übersehen, dass sich aus den Reihen des Verbandes geradezu demonstrativ niemand sehen ließ. Obgleich der DTB seinen Hauptsitz am Rothenbaum hat und Lizenzinhaber des immer noch größten deutschen Turniers ist. Offensichtlich herrscht zwischen beiden Seiten derzeit bloß ein Waffenstillstand – und das könnte die Zukunft der Veranstaltung ernsthaft gefährden.

Derzeit scheint nur gesichert zu sein, dass sie 2014 mit ihrem Event der 500er-Kategorie im ATP-Turnierkalender stehen. Denn obwohl Stichs Agentur einen Vertrag mit dem DTB hat, der ihr zusagt, das Turnier in dieser Form bis 2018 veranstalten zu dürfen, könnte dieser bald wertlos sein. Der damalige Präsident Georg von Waldenfels hatte seinerzeit noch die Modalitäten mit Stich vereinbart und ihm die Veranstaltungsrechte zu einem aus heutiger Sicht sehr günstigen Preis zugesagt. Stich hatte jedoch damals quasi ein totes Pferd gekauft. Sein Risiko zahlt sich nun aus. Das schmeckt dem DTB allerdings nicht, und so herrscht Zwist zwischen beiden Lagern. Im Frühjahr war der Tiefpunkt erreicht, als sich der Verband an Stich vorbei als Rasenturnier für die Saison 2015 bewarb. Es folgte eine hässliche, öffentliche Debatte, in der die Stadt Hamburg als Schlichter fungierte. Man will das Traditionsevent gerne in der Hansestadt halten, Stich muss aber finanziell weiterhin selber sehen, wie er die Wirtschaftlichkeit garantiert. Mehr als den Zuschuss von 100 000 Euro gibt es aus Hamburg nicht.

Und der Verband ist so klamm wie eh und je, und daher hält sich auch hartnäckig das Gerücht, der DTB könnte die 500er-Lizenz an das potente Turnier im westfälischen Halle lukrativ verkaufen. Für den Rothenbaum wäre die erneute Abstufung ein Desaster: Noch weniger Topspieler würden zusagen, die zugkräftigen Sponsoren blieben weg. Stich würde sich gegen diese Schritte juristisch wehren. Doch es bleibt die Frage, ob der DTB einen teuren Rechtsstreit riskieren will.

Trotz der herrlichen Atmosphäre auf der Anlage knarrt es hinter den Kulissen nicht nur in der maroden Dachkonstruktion des Center Courts. Der DTB liebäugelt mit einem Umzug nach Frankfurt. Ohne ein vernünftiges Miteinander wird es in Hamburg aber keine Tennisfestspiele mehr geben.

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