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Tennis: Neue Stärke in der neuen Rolle

Philipp Kohlschreiber führt das Daviscup-Team gegen Südkorea an und siegt zum Auftakt – Mayer unterliegt.

Zu Beginn schien er sich seiner Sache noch nicht so sicher. Als Philipp Kohlschreiber die Braunschweiger Halle betrat, wirkte er noch nicht wie der neue Führungsspieler. Die Erstrundenbegegnung mit Südkorea ist erst der dritte Daviscup-Auftritt des 24-Jährigen – und auf einmal wurde er als „deutsche Nummer Eins“ angekündigt. Doch der Augsburger sollte mit dieser Rolle sehr schnell zurechtkommen. Er besiegte den Südkoreaner Jae-Sung An souverän 6:2, 6:2, 6:2. Die rund 3500 etwas gelangweilten Braunschweiger Zuschauer kamen erst später auf ihre Kosten: Florian Mayer lieferte sich einen packenden Kampf mit Südkoreas Nummer Eins, Hyung-Taik Lee, und holte einen 0:2 Satzrückstand auf. Nach 3:46 Stunden reichten letztlich Mayers Kräfte nicht aus, und er musste sich, von Krämpfen geplagt, 5:7, 3:6, 6:1, 7:6 (8:6), 3:6 geschlagen geben. Wie erwartet steht es nach zwei Einzeln zwischen Deutschland und Südkorea 1:1.

Für Kohlschreiber erschien es fast wie ein Trainingsspiel. Sein Gegner An zeigte nur zu Beginn gutes Tennis und drängte den Deutschen mit hohen Top-Spin-Bällen weit hinter die Grundlinie zurück. „Ich musste mich erstmal daran gewöhnen, der hat auf der Rückhand genau solche Mondbälle gespielt wie ich“, sagte Kohlschreiber. Doch die Eingewöhnungsphase dauerte nicht lange. Der Deutsche schaffte das Break zum 3:2 im ersten Satz und ließ seinem Gegner danach kaum mehr eine Chance – und nicht einen Breakball. „Insgesamt kam mir sein Grundlinienspiel sehr entgegen“, sagte Kohlschreiber, der im Verlauf des Matches immer stärkeren Druck auf seinen Gegner, der rund 300 Plätze hinter dem Deutschen in der Weltrangliste notiert ist, ausüben konnte. Kohlschreiber, inzwischen auf Position 28, bewegte sich schnell und stand sehr gut zum Ball. „Das war ein toller Daviscup-Einstieg“, sagte er sichtlich gelöst.

Dass Kohlschreiber nun das Team von Patrik Kühnen anführt, liegt nicht nur am Ausfall von Thomas Haas. Bislang legte der 24-Jährige einen fulminanten Start ins Jahr 2008 hin. Im Januar gelang ihm in Aukland sein zweiter ATP-Turniersieg, und zuletzt zeigte er bei den Australian Open mit dem Einzug ins Achtelfinale durch einen Sieg über die Nummer sechs der Welt, Andy Roddick (USA), dass er zur Weltspitze aufgeschlossen hat. Die leichte Arroganz, die Kohlschreiber nach seinem ersten Turniersieg in München im vergangenen Jahr teilweise zeigte, scheint er inzwischen abgelegt zu haben.

Auch wenn es für Florian Mayer am Ende gegen Koreas Topspieler nicht reichte, so bewies der Bayreuther in den entscheidenden Situationen starke Nerven. Er beklagte später sein mangelndes Selbstbewusstsein zu Beginn des Matches: „Ich habe in den ersten beiden Spielen zu viele Chancen ungenutzt gelassen.“ Trotzdem sollte er am Sonntag gegen den heutigen Kohlschreiber-Gegner An eine gute Chance haben.

Kohlschreiber sagte nach seiner nur 1:46 Stunden dauernden Partie: „Es ist nicht immer leicht, wenn du als klarer Favorit ins Spiel gehst.“ Durch den krankheitsbedingten Ausfall von Michael Berrer hat Kohlschreiber noch ein hartes Programm: Er wird sowohl heute im Doppel mit Philipp Petzschner gegen Wong-Sun Jun und Hyun-Joon Kim (13.30 Uhr/DSF) antreten als auch am Sonntag im wahrscheinlich entscheidenden Einzel gegen Lee.

Im Falle eines Sieges der Deutschen könnte es im Viertelfinale zum Spiel gegen Spanien kommen – wieder im eigenen Land. Kohlschreiber hofft, dann seine Rolle als Führungsspieler wieder abgeben zu können: „Tommy Haas ist immer noch der Leader im Team, wir brauchen ihn für das Viertelfinale.“ Mit dem neuen Gefühl, die Nummer Eins zu sein, scheint er aber ganz gut klarzukommen.

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