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In der zweiten Runde. Dominik Köpfer trifft am Donnerstag auf Diego Schwartzmann aus Argentinien.

© Hasenkopf/Imago

Tennis-Newcomer in Wimbledon: Das späte Glück des Dominik Köpfer

Dominik Köpfer ist einer von nur zwei verbliebenen Deutschen in der Männerkonkurrenz. Mit 25 erlebt er den Höhepunkt seiner Tenniskarriere.

In Wimbledon gibt es auch im Jahr 2019 noch eine Zweiklassengesellschaft. Das geht bei einem so riesigen Event wie den Internationalen Tennismeisterschaften von England auch kaum anders. Auf der einen Seite sind die großen Stars der Szene, die entsprechend viel Aufmerksamkeit bekommen. Sie spielen auf den Hauptplätzen, geben vor Heerscharen von Journalisten Pressekonferenzen und lassen dabei auch schon mal divenhafte Züge erkennen. So wie Serena Williams am Dienstagabend. Als sie von einem Medienvertreter gefragt wurde, ob sie denn nun mit dem britischen Helden Andy Murray zusammen Mixed spielen würde, sagte sie: „Wenn du das gerne willst“ und grinste kokett.

Neben solchen Auftritten geht es im All England Tennis Lawn & Croquet aber zuweilen auch völlig normal zu. Dafür gibt es einen weiteren, viel kleineren Interviewraum, in dem sich die zweite oder dritte Reihe der Tennisprofis versammelt. Darunter war am Dienstag auch Dominik Köpfer, der nach dem Aus von Alexander Zverev neben Jan-Lennard Struff der einzige verbliebene Spieler aus Deutschland in der Einzelkonkurrenz der Männer ist. Allüren kennt Köpfer nicht, im Alter von 25 Jahren erlebt er gerade den Höhepunkt seiner Tenniskarriere. Am Donnerstag trifft er in seinem Zweitrundenmatch auf Diego Schwartzmann aus Argentinien.

Wimbledon kannte Köpfer bisher nur aus dem Fernsehen. „Ich habe immer zugeguckt, wenn Roger Federer wieder mal den Titel gewonnen hat“, erzählte er. Vor einer Woche betrat er die traditionsreiche Anlage überhaupt zum ersten Mal. „Das ist schon ein ganz besonderes Turnier hier“, sagte er. Im Vorjahr war er in der letzten Qualifikationsrunde knapp gescheitert, aber die wird nicht auf den Tennisplätzen von Wimbledon ausgetragen, sondern im rund sechs Kilometer entfernten Roehampton. 2019 schaffte es Köpfer direkt ins Hauptfeld, obwohl er nur 130. der Weltrangliste ist. Der Grund: Weil er zuvor ein Challenger-Turnier in Ilkley gewinnen konnte, erhielt er eine Wildcard – „die erste überhaupt in meinem Leben.“

In Wimbledon lebt er seinen Traum nun weiter. Am Dienstag gewann er 6:3, 4:6, 7:6 (11:9), 6:1 gegen den Serben Filip Krajinovic – und damit erstmals ein Match bei einem Grand-Slam-Turnier. Verbunden damit sind schon mal rund 80.000 Euro Preisgeld. „Das ist schon eine Erleichterung, denn damit komme ich mindestens in diesem Jahr gut über die Runden“, sagte er. Seit 2016 ist er Profi, Erfolge hat er bisher keine vorzuweisen. Auch weil er sehr spät begann, sich auf Tennis zu konzentrieren: „Ich habe Fußball gespielt, Golf, bin Ski gefahren“, sagte er. Dann wurde er völlig überraschend deutscher U-16-Vizemeister und intensivierte seine Anstrengungen in Sachen Tennis.

Mit wachsender Erfahrung stieg auch sein Selbstvertrauen

Gut genug war er allerdings nicht, um dem deutschen Verband eine Förderung wert zu sein, also ging Köpfer in die USA ans College, wo er in New Orleans an der Tulane University neben dem Studium Tennis spielte. Zunächst mit Anlaufschwierigkeiten, dann mit großem Erfolg. Mit dem Sieg bei der US-Collegemeisterschaft 2015 wurde er zur Legende an seiner Uni. Seit jenen Tagen schleppt er auch einen unverkennbaren amerikanischen Akzent mit sich herum, „in der Heimat bis ich immer nur ein paar Wochen“, sagte er. Die liegt in Furtwangen im Schwarzwald, vor kurzem war er wieder mal da.

Ansonsten ist er elf Monate im Jahr unterwegs, so langsam hat er sich mit dem Profileben arrangiert. Durch das College ist er geduldiger geworden. „Früher habe ich mich selbst zerstört auf dem Platz. Ich habe mir nach jedem Schlag gesagt, wie schlecht ich bin“, erzählte er. Geklappt hat das auch, weil ihm sein Trainer an der Uni, dem Tipp gab, es doch vor Matches mal mit Puzzeln zu versuchen. Bis vor einem Jahr hat Köpfer das immer noch gemacht, bis zu 1000 Teile versuchte er dann in aller Ruhe zusammenzubringen.

Mit wachsender Erfahrung stieg auch sein Selbstvertrauen, auf dem Platz aber ist Köpfer immer noch der Kämpfer geblieben, der ihm am College den Spitznamen „Pitbull“ einbrachte. Der Linkshänder pusht sich nach jedem Punkt und kann dabei auch schon mal richtig verwegen dreinblicken. Davon ist nach einem Match dann nicht mehr viel übrig, Köpfer verwandelt sich zurück in einen ganz normalen Typen. Noch hat er in seiner Karriere keine Bekanntschaft mit dem Tennis-Jetset gemacht, sollte er in Wimbledon allerdings das Achtelfinale erreichen, würde sich das vermutlich ändern. Denn der Gegner dort wäre womöglich der große Roger Federer – den Köpfer bisher nur aus dem Fernsehen kennt. 

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