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Schattendasein. Die Deutschen überzeugte in Stuttgart nicht, als letzter schied Florian Mayer aus.

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Tennis: Stuttgart will in neuem Licht scheinen

Nach der Hitzewelle und fehlenden Stars denken die Veranstalter des Tennisturniers über spätere Spiele nach – Flutlicht haben sie schließlich bereits.

Florian Mayer zählt eigentlich zu den ruhigeren Vertretern seines Sports. Wutausbrüche und Ausraster hat der schlaksige Bayreuther eigentlich nicht im Repertoire. Doch nach seinem Ausscheiden im Viertelfinale des Stuttgarter Weissenhof-Turniers, da musste sich auch Florian Mayer am Freitag mal so richtig abreagieren. Zu tief saßen Frust und Enttäuschung. Sein Arbeitsgerät, der Tennisschläger, war der Leidtragende. „Ich habe eine Riesenchance verpasst“, ärgerte sich Mayer, der gegen den Franzosen Gael Monfils in drei engen Sätzen unterlegen war. Er ärgerte sich zu Recht, denn Mayer hatte gekämpft, sich teuer verkauft, die Zuschauer mit Spielwitz und teils spektakulären Ballwechseln begeistert, doch gereicht hatte es gegen den Weltranglisten-17. eben nicht. So war Mayer als letzter von neun deutschen Spielern im Hauptfeld ausgeschieden, obwohl für ihn sogar der Platz im Finale in greifbarer Nähe zu sein schien – die großen Namen sucht man am Weissenhof nämlich vergeblich.

Auch Turnierdirektor Edwin Weindorfer wäre Mayers Vorstoß nur recht gewesen, hatte er doch bei den Spielerverpflichtungen auf die deutsche Karte gesetzt. So aber musste der Österreicher am Samstag auch noch damit leben, dass der ehemalige French-Open-Gewinner Juan Carlos Ferrero mit 3:6, 6:7 (6:8) überraschend gegen seinen spanischen Landsmann Albert Montanes verlor. Montanes kam besser mit dem Wetter zurecht, wegen des plötzlichen heftigen Regens wurde das Halbfinale zweimal unterbrochen. Zumindest der extrovertierte Publikumsliebling Gael Monfils setzte sich im zweiten Halbfinale durch, der Franzose besiegte auf einem Nebenplatz Daniel Gimeno-Traver aus Spanien 6:4, 4:6, 6:0.

Schon im vergangenen Jahr hatte der Weissenhof mit dem Franzosen Jeremy Chardy gegen Victor Hanesco aus Rumänien ein farbloses Finale zweier Außenseiter zu bieten gehabt. Das sollte sich möglichst nicht wiederholen. Die Lage ist für deutsche Sandplatzturniere ohnehin prekär genug.

Noch vor drei Jahren durfte der inzwischen achtmalige Grand-Slam-Sieger Rafael Nadal den Siegersportwagen in die Heimat steuern, doch diese Zeiten sind vorbei. „Ein Nadal ist momentan nicht finanzierbar“, stellte Weindorfer ernüchtert fest, „und Stuttgart ist leider Gottes nicht Monte Carlo.“ Die Top-Ten-Spieler seien nicht bereit, ihre Ruhepause vor der anstrengenden Hartplatzsaison für einen Abstecher ins Schwabenland zu opfern. Mit dieser Tatsache müsse man leben. Umso ärgerlicher ist für Weindorfer, dass sich die wenigen namhaften Spieler, die für üppige Antrittsgelder verpflichtet wurden, vorzeitig verabschiedeten. So ringt Weltmeister Nikolai Dawidenko nach seinem Handgelenksbruch noch um die Form und auch der Höhenflug von Doppel-Wimbledonsieger Jürgen Melzer erlitt einen Dämpfer.

In den Tagen vor dem Regen herrschten auf dem Center Court Temperaturen von zeitweise bis zu 50 Grad. Die Hitzewelle auf dem Stuttgarter Killesberg bewog Weindorfer bereits, für das Turnier im nächsten Jahr über spätere Spielansetzungen nachzudenken. Schließlich verfügt man neuerdings über Flutlichtmaste. „Es wäre perfekt, wenn wir ab 21 Uhr anfangen würden. Das käme Spielern und Zuschauern entgegen“, sagte Weindorfer. Zum Wochenbeginn waren viele Fans, teilweise trotz gekaufter Tickets, der Anlage aufgrund der enormen Hitze ferngeblieben. Aber selbst an Tagen mit gemäßigter Temperatur blieben noch viele Sitzplätze leer. Auch in Stuttgart muss inzwischen um das Publikum gekämpft werden.

Dabei sollten eigentlich die zahlreichen Profis aus Deutschland dafür sorgen, die Fans auf die Anlage zu locken. Von neun Startern erreichten aber lediglich vier die zweite Runde. Nur Florian Mayer und Simon Greul kamen ins Viertelfinale.

Was für die Zuschauer betrüblich war, trieb auch Patrik Kühnen tiefe Sorgenfalten ins Gesicht. Schließlich gilt es, vom 17. bis 19. September am Weissenhof gegen Südafrika den Abstieg im Davis Cup zu verhindern. Deshalb hatte Kapitän Kühnen die Turniere in Stuttgart und Hamburg als eine Art Generalprobe ausgerufen, von deren Ergebnissen er seine Nominierung abhängig machen wolle.

Dass er dabei auf Philipp Kohlschreiber verzichten wird, ist aufgrund der deutlichen Auftaktniederlage gegen Florian Mayer zu erwarten. Immer noch ohne Trainer spielte der 26-Jährige wie ein Schatten seiner selbst, er wirkt völlig verunsichert. „Ich weiß nicht, was los ist“, sagte Kohlschreiber. Statt die Top 20 anzugreifen, rutscht er tiefer in die Krise. Dabei wäre ein Turniersieg Kohlschreibers doch der Weckruf gewesen, den das deutsche Tennis so dringend benötigt.

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