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Tennis: Ungezogene Serben

Das dritte Jahr infolge gab es bei den Australian Open Ausschreitungen. Die meisten Fans in Melbourne ärgern sich darüber.

Das Klischee eines Tennisfans sieht so aus: Der weibliche Fan trägt hohe Schuhe und freizügige Kleider, der männliche Poloshirts mit Pferden oder Krokodilen auf der Brust – beide sind vielleicht ein wenig versnobt, aber ansonsten harmlos. Von mit Plastikstühlen werfenden Randalierern, die nationalistische Parolen brüllen, ist dieses Klischee weit entfernt. Und dennoch gab es in dieser Woche erneut Ausschreitungen bei den Australian Open. Im dritten Jahr in Folge wurden im Melbourne Park Menschen verletzt, streitsüchtige Fans mussten der Anlage verwiesen werden. Trotzdem ist das kein Anzeichen für ein neues Tennispublikum.

Die Ausschreitungen kamen nicht unerwartet. Der Serbe Janko Tipsarevic hatte die Veranstalter vor seinem Match gegen den Kroaten Marin Chilic gewarnt: „Es gibt auf beiden Seiten viele Hitzköpfe“, hatte Tipsarevic gesagt. „Wenn die aufeinandertreffen, kann es gefährlich werden.“ Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens 1992 sind viele Serben und Kroaten nach Australien emigriert – ihre gegenseitigen Ressentiments haben sie mitgenommen. Bereits in den vergangenen Jahren waren es vor allem ehemalige Jugoslawen, die Unruhe stifteten.

Während am Mittwoch entgegen den Erwartungen noch alles ruhig blieb, ging es am Freitag los. Als der serbische Titelverteidiger Novak Djokovic auf den in Bosnien geborenen Amerikaner Amer Delic traf, bewarfen sich serbische und bosnische Fangruppen mit Plastikstühlen, 30 Menschen wurden der Anlage verwiesen, eine unbeteiligte Frau wurde verletzt.

Das alles geschah jedoch abseits der Rod Laver Arena, wo Djokovic den Amerikaner in vier Sätzen besiegte. Dass es auf dem Center Court selbst keine Probleme gab, liegt daran, dass auf den teuren Plätzen der Rod Laver Arena vor allem jene Fans mit den Sonnenbrillen und den Poloshirts sitzen. Die potentiellen Gewalttäter kommen meist nur mit einem „Ground Pass“ auf die Anlage, mit dem man für wenig Geld die Spiele auf den Nebenplätzen verfolgen kann. Hier sorgen viele verrückt gekleidete Fans für jene ausgelassene Stimmung, die dem ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres den Namen „Happy Slam“ einbrachte.

Dass dieser nun seinen Ruf zu verlieren droht, liegt besonders an den nationalistischen Fans unter ihnen, die die ausgelassene Stimmung im multikulturellen Melbourne nutzen, um ihren gegenseitigen Hass zur Schau zu tragen.

„Man muss sie ein bisschen verstehen“, sagte Novak Djokovic über seine Fans. „Sie bekommen nicht besonders viele Gelegenheiten, die Athleten ihrer Länder zu sehen.“ Je weiter sie weg sind, das vermutet auch Janko Tipsarevic, desto größer ist die Nostalgie. Viel Kritik rief hervor, dass Djokovic sich nach den Ausschreitungen auch auf mehrmalige Nachfrage weigerte, seine Fans zur Ruhe zu mahnen. „Ich kann keine Energie auf diese Dinge verschwenden“, sagte der 21-jährige Serbe. „Djokovic hat den wichtigsten Kampf verloren“, kommentierte die australische Zeitung „The Weekend Australian“. Schon heute, wenn Djokovic auf Marcos Baghdatis aus Zypern trifft, dessen fanatische Fans in der Vergangenheit ebenfalls oft aufgefallen sind, werden weitere Ausschreitungen befürchtet. Die Sicherheitsmaßnahmen wurden verschärft.

Die meisten Zuschauer in Melbourne sind verärgert über die erneuten Krawalle. „99,9 Prozent der Fans sind toll“, sagt der Schweizer Roger Federer. „Dieses Turnier verdient diese Dinge nicht.“Denn die Fans in Melbourne, sind eigentlich für ihre Fairness und ihr freundliches Verhalten gegenüber ausländischen Spielern bekannt.

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