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Freude pur. Philipp Kohlschreiber hat sich mal wieder gegen John Isner durchgesetzt.

© dpa

Tennis - US Open: Philipp Kohlschreiber freut sich auf Novak Djokovic

Alle Jahre wieder: Philipp Kohlschreiber schlägt John Isner in der dritten Runde der US Open. Der Deutsche trifft nun im Achtelfinale auf Novak Djokovic, den er dank Boris Becker bestens kennt.

Die Spitze des Empire State Buildings hoch oben über den Dächern von Manhattan erstrahlte am Samstagabend in blau, weiß und roter Beleuchtung, den stolzen amerikanischen Nationalfarben zum Labour-Day-Wochenende. Doch es wäre wohl passender gewesen, das Licht in New Yorks prächtigem Wahrzeichen abzuschalten und nichts als tiefschwarze Dunkelheit zurückzulassen. Denn zumindest im amerikanischen Herrentennis waren an diesem Abend die Lichter ausgegangen, und die einst so erfolgsverwöhnte Nation hüllt sich in Trauer um die alten Zeiten.

Zum zweiten Mal in der Geschichte der US Open steht nun keiner der Ihren im Achtelfinale. Erstmals kam es im vergangenen Jahr zu diesem historischen Debakel, und wieder war es John Isner gewesen, der als letzter Amerikaner ausschied. Der eigentlich 2,08m große Hüne saß danach in sich zusammengesackt vor der Presse, wie ein gebrochener Mann. "Das tut richtig weh", sagte Isner erschüttert. Wieder hatte die Nummer 15 der Welt gegen Philipp Kohlschreiber verloren - und das zum dritten Mal in Folge und jedes Mal in der dritten Runde. Ein Kuriosum, das in der Grand-Slam-Historie noch nie da gewesen ist. 

Kohlschreiber besiegte Isner schon zum dritten Mal in Folge bei den US Open

"Irgendwie schon verrückt" sei das, meinte Kohlschreiber nach seinem 7:6, 4:6, 7:6 und 7:6-Sieg. Doch der 30 Jahre alte Augsburger hatte sich nicht verrückt machen lassen, war ruhig und vor allem geduldig geblieben gegen einen, der mit bis zu 225 km/h aufschlägt. Da ist der Gegner eben oft genug nur Zuschauer, wie bei den sagenhaften 42 Assen, die Isner ins Feld hämmerte. Kein einziges Mal hatte der 29-Jährige im Turnierverlauf seinen Aufschlag abgegeben, auch gegen Kohlschreiber tat er es nicht. Und doch verlor Isner die Partie. Sie spielten im Louis-Armstrong-Stadium, der zweitgrößten Arena in Flushing Meadows, und die Atmosphäre dort war nicht ganz so hitzig gewesen, wie vor einem Jahr in der Nightsession im Arthur-Ashe-Stadium, die erst weit nach zwei Uhr morgens endete.

Die Amerikaner goutierten bei allem Patriotismus die Art, wie couragiert sich Kohlschreiber gegen den Kanonenhagel stemmte, wie sehr er sich reinkniete. Es war eine intensive Partie, "die hat mental ziemlich ausgelaugt", meinte der Deutsche. Beim eigenen Aufschlag durfte er sich keinen Lapsus leisten. Der einzige, der Kohlschreiber unterlief, kostete ihn den zweiten Satz. Doch er spielte überlegt, versuchte, den Riesen Isner ständig zu bewegen und machte mächtig Druck mit seiner einhändigen Rückhand. So konnte er auch die Tiebreaks gewinnen, eigentlich Isners angestammte Domäne. "Dass ich so geduldig geblieben bin und auf meine Chance gewartet habe, war der Schlüssel", meinte Kohlschreiber zufrieden, "und dass ich dann so mutig bei den wichtigen Punkten war." 

Im Achtelfinale bekommt es der Deutsche jetzt mit Novak Djokovic zu tun

Das habe er sich mit den Jahren hart erarbeitet, erklärte er, diese innere Ruhe. Als Jugendlicher sei er ein Heißsporn gewesen, und auf den Mund gefallen ist Kohlschreiber auch heute immer noch nicht, doch auf dem Platz bringe ihn wenig aus der Ruhe. Er hatte in den vergangenen Monaten viel umgestellt, seinen Manager Stephan Fehske auch zu seinem Trainer gemacht, was zunächst Verwunderung auslöste. Derzeit scheint die Konstellation für Kohlschreiber jedoch zu funktionieren, obwohl er als Nummer 25 der Rangliste noch ein Stück von seinem angestrebten Ziel der Top Ten entfernt ist. Seine Trainingseinheiten filmt Kohlschreiber inzwischen, betreibt Videoanalysen. "Wir lassen nicht locker an den Schwächen, arbeiten punktuell an Sachen wie Beinarbeit oder die Position auf dem Platz", erklärte er, "ich arbeite jetzt Schritt für Schritt am großen Ganzen."

Diese Einstellung Kohlschreibers kommt offenbar auch bei Boris Becker gut an, dem Coach seines nächsten Gegners, Novak Djokovic. Denn Kohlschreiber wurde bereits mehrmals als Trainingspartner für den Weltranglistenersten von Becker eingeladen, auch im Vorfeld der US Open. "Es ist ein toller Kontakt und Austausch mit ihm entstanden", erzählte Kohlschreiber. Becker habe ihm sogar schon ein paar Mal Tipps und Spielpläne zu anderen Spielern gegeben. "Boris hat etwas Spezielles und die Art, wie er Tennis denkt, ist sehr interessant", fügte er hinzu, "und es ist nett, dass ich da auch mal ein paar Krümelchen abbekomme." Vor dem Duell am Montag mit Djokovic sollte er jedoch auf keine Beckerschen Insidertipps hoffen.

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