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Sport: Thomas hat ’nen Plan

Trainer Tuchel sorgt bei Mainz 05 für Spaß

Und es stimmt doch: Ein Spiel kann im Kopf entschieden werden, und beim FSV Mainz 05 ist das der fußballkluge Kopf von Trainer Thomas Tuchel. „Er gibt uns immer einen Plan mit auf den Weg“, hat Torschütze André Schürrle nach dem 2:0-Sieg bei Werder Bremen gesagt. Das war schon das vierte Spiel hintereinander, in denen aus Tuchels Gedanken die richtigen Spielzüge auf dem Rasen wurden. Jetzt grüßt der FSV Mainz 05 die Bundesliga von oben, von der Tabellenspitze, zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte.

Weil Tuchel selbst sich nicht loben kann, tat das seine Mannschaft. Spielmacher Lewis Holtby etwa sagte: „Er ist ein Taktikfuchs, der jeden Gegner lesen kann, er gibt uns die Marschroute, die immer aufgeht.“ Das Zwischenergebnis in dieser Saison sind vier Siege in Folge und zehn Tore, die von sieben Profis erzielt wurden. Darunter vier Stürmer, wie der perspektivische Leverkusener Schürrle (3), zwei Mittelfeld- und ein Abwehrspieler (Niko Bungert). Der jüngste Mainzer Coup: das 2:0 in Bremen durch Treffer von Marcel Risse und Schürrle. Und wenn die Aussage von Werder-Geschäftsführer Klaus Allofs („Das war zu schlecht, um wahr zu sein.“) Gültigkeit hat, müsste im Umkehrschluss das Gegenteil für Mainz 05 gelten. Zu schön, um wahr zu sein?

Bei der Suche nach Erklärungen wiederholt Tuchel gerne, dass „nur die Bewältigung von Aufgaben zu Ergebnissen führen kann“. Leicht abgewandelt vielleicht mit der Formulierung: „Bevor wir darüber reden, was es zu holen gibt, sind Aufgaben zu erledigen.“ Same procedure as every week, sagte Tuchel vor dem Werder-Spiel. „Wir waren die ganze Spielzeit sehr aufmerksam, sehr wach.“

Solche Sätze sind typisch für den 37-Jährigen. Mit seiner Sprache mag er nicht an den Mainzer Volkstribun Jürgen Klopp heranreichen, aber mit der Spielweise der Mannschaft ist Tuchel auf dem besten Weg, die Mainzer Ikone Klopp in den Schatten zu stellen.

Mit fast unglaublicher Akribie entwickelt Tuchel Strategien, wie Räume, Pass- und Laufwege diszipliniert zugestellt werden können, wo die Schwachstellen des Gegners zu finden sind. In Bremen überraschte Tuchel mit vier Änderungen, ließ den zweimaligen Saisontorschützen Morten Rasmussen einfach zu Hause, stellte den gelernten Rechtsverteidiger Radoslav Zabavnik auf die linke Seite, der noch vor zwei Wochen formdünne Neuzugang Risse stürmte über die rechte Seite. Auch Stammspieler Elkin Soto war zunächst nicht im Kader, flog erst nach, als sich Christian Fuchs krank abgemeldet hatte. Doch es ist keine Rotation im ursprünglichen Sinne, was Tuchel praktiziert.

Denn er schaut nicht nur auf das letzte Spiel, wer in welcher Minute seinen Job nicht korrekt gemacht hat. Er analysiert stets mit dem Blick zum nächsten Gegner. Und wählt mit feinem Gespür für die körperliche und geistige Frische seiner Profis aus. Flexibles Handeln, aufgabenorientiertes Handeln. Falsch gemacht hat er in dieser Saison noch nichts. Er muss nur darauf achten, dass seine Spielideen die Spieler nicht überfordern. Torschütze Risse sagte hinterher über seinen Führungstreffer: „Ich bin so kaputt, dass ich gar nicht mehr weiß, wie das Tor gefallen ist.“

„Europacup, Europacup“, sangen die mitgereisten Mainzer Fans in Bremen. „Diese Tabelle ist für die Fans“, sagte Tuchel, „aber wir werden unsere Vorgehensweise nicht ändern, weil die Fans vom Europapokal singen.“ Und Schürrle schwärmte von einer „unglaublichen Woche. Bei uns herrscht ein unglaublicher Geist, wir sind richtig zusammengewachsen.“ Der 19-Jährige wechselt zum 1. Juli 2011 nach Leverkusen, doch mit Holtby und Adam Szalai drängen weitere junge Ehrgeizlinge in den Vordergrund. Es ist eine neue Mainzer Generation, die sich auch über den puren Spaß am Fußballspiel definiert. Tuchel lässt sie gewähren – solange sie nicht vergessen, was er sich Schönes ausgedacht hat.

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