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Langer Atem. Die Freiwasserschwimmer um Thomas Lurz (im Bild links) bei ihrem ersten Rennen der WM in Barcelona.

© dpa

Thomas Lurz: In allen Meeren zuhause

Freiwasserschwimmer Thomas Lurz gewinnt die erste deutsche Medaille bei der WM.

Nach sieben WM-Titeln in Serie war diesmal ein anderer schneller. Zum Auftakt der Freiwasserwettbewerbe musste sich Thomas Lurz im Rennen über fünf Kilometer im Endspurt dem tunesischen Sieger Oussama Mellouli und dem Kanadier Eric Hedlin mit Bronze begnügen. Wirklich traurig war der 33-Jährige anschließend aber nicht. „Es ist in Ordnung so. Ich bin zufrieden“, sagte Lurz gewohnt nüchtern.

Thomas Lurz ist Realist, durch und durch. Vor zehn Jahren zum Beispiel stand der gebürtige Würzburger im Hafen von Barcelona und sah sich die Weltmeisterschaftsrennen der Freiwasserschwimmer an. Lurz selbst kraulte damals zwar noch durchs Becken, sein Wechsel zu den Langstreckenexperten war aber längst eingeleitet. „Eigentlich bin ich sehr gerne im Becken 1500 Meter geschwommen“, sagt Lurz und wirft einen Blick hinauf auf den Berg, wo die Beckenspezialisten in einer Woche ihre Wettkämpfe beginnen. Und erinnert sich daran, wie die Ratio bei ihm die Lust besiegte.

„Ich wusste“, erzählt er, „dass ich im Freiwasser einfach mehr Chancen habe. Und ich wusste, dass es olympisch geworden war. Und wenn du die Chance hast, bei den Olympischen Spielen vorne dabei zu sein, musst du sie nutzen.“ Gesagt, getan. Bei der Olympia-Premiere der Freiwasserschwimmer in Peking 2008 holte er Bronze, vier Jahre später in London Silber. Und zwischendurch angelte er sich bei Weltmeisterschaften 16 Medaillen aus den diversen Gewässern. Nun ist die siebzehnte dazu gekommen. Und die zehn Kilometer, die Disziplin, die ihn wirklich interessiert, steht in der katalanischen Metropole ja erst am Montag auf dem Programm. „Die Medaillen sind zwar die gleichen, und jetzt bei der WM ist es eigentlich egal. Aber grundsätzlich sind die zehn Kilometer schon immer wichtiger – weil es die olympische Strecke ist“, betont der einzige deutsche Schwimmer, der bei den Olympischen Spielen in London eine Medaille gewinnen konnte.

In Barcelona war er diesmal der erste in der Reihe – nachdem die Essenerin Isabelle Härle drei Stunden zuvor beim Sieg der Amerikanerin Haley Anderson gute Fünfte über fünf Kilometer geworden war. Die 25-jährige Härle, in Barcelona auch im Becken über 800 Meter Freistil am Start, solle sich langsam fürs freie Gewässer entscheiden, um noch eine Chance auf Olympia 2016 zu haben. Das fordern unisono Henning Lambertz, der neue Chefbundestrainer der Schwimmer, und Stefan Lurz, im Verband für die Langstreckenschwimmer zuständig.

Auch Thomas Lurz muss bald für Klarheit sorgen: pro oder contra Rio de Janeiro. Olympia-Gold fehlt ihm noch in seiner umfangreichen Kollektion. 2016 wird im Gegensatz zu London, als in einem Ententeich gekrault wurde, im Ozean geschwommen. Für Lurz spielt das allerdings keine große Rolle. „Es kommt immer darauf an, gegen wen man schwimmt“, sagt er. „Im Meer gibt’s wieder Schwimmer, die da einen Tick besser sind als ich. Ich denke, ich bin ein ganz guter Allrounder. Ob kalt, ob warm. Ob wellig, ob flach. In welchem Gewässer man schwimmt, kann kein entscheidender Grund sein.“

Wichtiger für seinen Entschluss wird sein, wie stabil und zeitaufwendig sich bis zum nächsten Sommer sein zweites Standbein erweist. Seit Januar arbeitet Lurz in der Personalentwicklung eines bekannten Bekleidungsherstellers. Seine Vorträge über Motivation, Erfolg und Niederlage, die er schon seit vielen Jahren vor Managern hält, verfeinert er für das Unternehmen gerade. Zudem ist er im Gesundheitsprogramm des Textil-Produzenten fest integriert.

„Insgesamt geht es darum, die Parallelen aus dem Leistungssport auf ein großes Unternehmen zu übertragen – wie man sein Wissen dort nutzen kann“, erklärt der diplomierte Sozialpädagoge, der sich in der Schnittmenge zwischen den beiden Welten momentan sehr wohlfühlt. Und genutzt hat ihm dafür vor allem sein Erfolg bei Olympia. „Ich merke natürlich“, erklärt Thomas Lurz zufrieden schmunzelnd, „dass London da viel geholfen hat und ich schon etwas populärer geworden bin als vorher.“

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